In rund 2.900 Kilometern Tiefe unter der Erdoberfläche beginnt der Erdkern. Auch er ist absolut unerreichbar für jede Form der direkten Messung. Alles, was über ihn bekannt ist, stammt aus Modellrechnungen, Auswertungen seismischer Wellen – und Rückschlüssen aus der Existenz und dem Verhalten des irdischen Magnetfelds. Dieses sorgt dafür, dass ein Kompass immer nach Norden zeigt, dass es Polarlichter gibt und es schützt uns vor schädlichen elektromagnetischen Strahlen aus dem All.
Magnetdynamo im Zentrum der Erde
Und es gab Geowissenschaftlern den entscheidenden Hinweis, dass der Erdkern metallisch und mit mindestens einer flüssigen Schicht ausgestattet sein muss. Denn ein Magnetfeld entsteht auch immer dann, wenn sich Elektronen in einem elektrischen Feld bewegen. Elektromagneten machen sich dieses Prinzip zunutze: In ihnen erzeugt die Bewegung eines leitenden Mediums gegenüber einem feststehenden ein elektrisches Feld, das wiederum das Magnetfeld aufrechterhält.
Und genau das, so die Theorie, läuft auch in der Erde ab: Eine schnell fließende Nickel-Eisen-Legierung im äußeren Kern umhüllt einen festen inneren Kern aus einer Eisen-Nickel-Legierung. Die komplexen Strömungen im äußeren Erdkern und ihr Wechselspiel mit dem festen inneren erzeugen die Magnetfeldlinien. Wie stark diese sind, lässt sich allerdings nur an der Erdoberfläche und in der Erdumgebung direkt messen, nicht aber an ihrem Entstehungsort, dem Erdkern.
Und genau das war lange Zeit das Problem. Denn die indirekten Methoden und Modelle lieferten ziemlich uneindeutige und widersprüchliche Resultate. So ergab eine Berechnung mit Hilfe winziger Oszillationen der irdischen Tageslänge ein internes magnetisches Feld von nur 0,2 Millitesla, nach numerischen Modellen jedoch müsste die Magnetfeldstärke im Kern mindestens eine Größenordnung höher liegen, bei rund drei Millitesla. War das Bild vom Magnetdynamo vielleicht doch falsch?
Torsionsströmung im äußeren Kern
Im Mai 2010 dann die große Erleichterung: Forscher der Université Joseph Fourier im französischen Grenoble stellten in „Nature“ einen Weg vor, diese Diskrepanzen aufzulösen. In Modellen des Strömungsverlaufs im flüssigen Kern stießen sie auf eine zuvor unbekannte Torsionswelle, die alle sechs Jahre auftritt. Wenn sie diesen sich verwindenden Eisenstrom in die Berechnungen des Magnetfelds mit einbezogen, kamen sie auf eine Feldstärke von vier Millitesla im Erdkern – und damit in den Größenbereich der numerischen Vorhersagen. Damit war es erstmals gelungen, die auf geomagnetischen und geodätischen Daten beruhenden Ansätze mit den numerischen Simulationen in Einklang zu bringen.
Nadja Podbregar
Stand: 06.08.2010