Es ist klein, kugelförmig und kann jeden treffen: Das Humane Papillomavirus (HPV). Mehr als 20 Millionen Menschen weltweit sind heute mit diesem DNA-Virus infiziert. 50 bis 80 Prozent aller Männer und Frauen fangen sich irgendwann im Laufe ihres Lebens diesen sexuell übertragbaren Erreger ein. Dass besonders zwei dieser Papillomaviren eine entscheidende Rolle auch für das Zervixkarzinom spielen, entdeckte erst der Krebsforscher Harald zur Hausen in den 1970er Jahren.
Fahndung nach dem Übeltäter
Über Jahre hinweg suchte er in den Tumorzellen erkrankter Frauen nach Spuren eines möglichen Erregers, eines Auslöser für die Entartung der Zellen, der erklären könnte, warum dieser Krebs besonders oft bei Frauen mit vielen wechselnden Partnern auftrat, aber nur selten bei Frauen, die noch keinen Geschlechtsverkehr gehabt hatten. Im Verdacht stand zu dieser Zeit vor allem ein Übeltäter: Das Herpes-Virus. Doch trotz aller Analysen gelang es zur Hausen nicht, dieses Virus in den Krebszellen nachzuweisen. Als er dies 1974 bei einer Konferenz berichtete und Herpesviren als Auslöser des Zervixkarzinoms anzweifelte, stieß er auf nur wenig Resonanz.
Doch der Forscher suchte weiter. Er konstruierte spezielle Marker, die sich gezielt an bestimmte, für Viren typische DNA-Abschnitt anlagern und impfte die Tumorzellen damit. Nach fast zehn Jahren war es soweit: 1983 identifizierte er einen ersten Virentyp, das Humane Papillomavirus 16 (HPV-16), wenig später noch einen zweiten, das HPV-18. Inzwischen weiß man genauer, was bei einer Infektion mit diesen Viren abläuft:
Wer befallen ist, merkt zunächst in der Regel aber kaum etwas davon. Das Virus überdauert in den meisten Fällen in der Haut und den Schleimhäuten ohne Symptome zu erzeugen. Durch kleinste Verletzungen der Schleimhaut gelangen die Viren in tiefere Zellschichten und infizieren dort die sogenannten Basalzellen. Nach einer Art Ruhephase vermehren sich die Viren und kommen zurück an die Schleimhautoberfläche, wo sie weitere Zellen infizieren. Zu diesem Zeitpunkt besteht eine besonders hohe Ansteckungsgefahr für den Geschlechtspartner. Normalerweise gelingt es dem menschlichen Immunsystem, eine solche HPV-Infektion innerhalb von zwei Jahren zu besiegen.
Kontrollorgane der Zelle zerstört
Doch kommen Risikofaktoren wie beispielsweise Rauchen, eine Immunschwäche oder ein besonders aggressiver Virusstamm dazu, nimmt die Entwicklung einen anderen Verlauf: Die geenterte Zellmaschinerie der befallenen Schleimhautzellen beginnt nun damit, virale Proteine zu produzieren. Eines davon animiert einen zelleigenen Marker dazu, sich an das Tumorsuppressor-Gen P53 anzulagern. Dieses wird dadurch für die Aufräumtruppen der Zelle fälschlich als kaputt gekennzeichnet und prompt beseitigt. Damit fehlt der Zelle eine der wichtigsten Kontrollinstanzen gegen Mutationen und bösartige Veränderungen.
Ein zweites Virenprotein sorgt dafür, dass ein weiteres wichtiges Kontrollmolekül der Zelle ebenfalls zum Tode verurteilt wird. Die Folge: Es werden Transkriptionsfaktoren freigesetzt, die die Zellteilung vorantreiben und zur völlig ungeregelten Vermehrung dieser entarteten Zelle führen. Mithilfe von nur zwei Proteinen greift das Virus so in fundamentale Stoffwechsel- und Entwicklungsprozesse der Zelle ein und nimmt ihr wichtige Abwehrmöglichkeiten gegen Mutationen. Als Folge entartet die Zelle und es entwickelt sich Krebs.
Doch zur Hausens Entdeckung der beiden Auslöser-Viren und dieses fatalen Prozesses lieferte der Medizin nun endlich eine Waffe gegen diesen Krebs…
Stand: 19.04.2013