Um zu verstehen, wie und wann Höhleneis entsteht und verschwindet, reicht es natürlich nicht, nur eine Eishöhle zu untersuchen. Deshalb erforschen Pflitsch und seine Kollegen das Höhleneis an verschiedenen Orten der Erde. An jedem Standort kommen neben dem globalen Geschehen auch die regionalen Witterungsmuster zum Tragen – und diese können teilweise deutlich vom allgemeinen Geschehen abweichen. Die RUB-Forscher überwachen daher auch Höhlen in New Hampshire, Wyoming, Alaska und auf Hawaii.
Eis versteckt in Minihöhlen unter Felsblöcken
Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede: Anders als in der Schellenberger Höhle stellten die Wissenschaftler beispielsweise in New Hampshire im Nordosten der USA nach den ersten drei Jahren keinen Trend zum Abtauen des Höhleneises fest. Hier existieren Eisvorkommen in sogenannten Pseudohöhlen nur 600 Meter über dem Meeresspiegel. Dabei handelt es sich um Hohlräume unter massiven Felsblöcken, die in mächtigen Schuttflächen an Hängen liegen. Hier finden sich Eiskörper mit Durchmessern von maximal ein bis zwei Metern, die langjährig in den kleinen Höhlen überdauern.
An verschiedenen Orten in New Hampshire überwachen die RUB-Forscher kontinuierlich die Temperatur innerhalb und außerhalb solcher Höhlen und messen jährlich im Frühwinter den Eisstand. Bisher schwanken die Eismengen stark. Insbesondere warme Regenfälle oder Stürme stören das Höhlenklima. So erwärmte Hurrikan Irene 2011 die Höhlenluft deutlich. Warme, schwachwindige und trockene Perioden wirken sich hingegen wenig aus.
Höhlenforschung im Autotunnel
Eishöhlen knapp über dem Meeresspiegel sind selten und können nur in polaren oder subpolaren Bereichen vorkommen, zum Beispiel im südlichen Mittelalaska. Dort stellt ein eisgefüllter Autotunnel mit zwei nahezu verschütteten Zugängen und zwei kleinen hoch gelegenen Öffnungen ein ideales Forschungslabor dar. Denn im Gegensatz zu natürlichen Höhlen lässt sich die Tunnelstruktur exakt vermessen.
Eine erste Bestandsaufnahme der Forscher in dem erst kürzlich entdeckten knapp 200 Meter langen und 6,3 Meter hohen Raum erbrachte fast 550 einzelne Eiskörper in verschiedenen Entwicklungsstufen. Dicht beieinander finden sich hier noch im Aufbau befindliche Eisstrukturen und schon stark gealterte Eiskörper mit bereits auskristallisiertem kryogenen Material – eine visuelle und wissenschaftliche Zauberwelt.
In Zukunft wollen die Wissenschaftler hier Gefrier-, Auftau- und Sublimationsvorgänge beobachten, wobei die Sublimation den Übergang von der festen direkt in die gasförmige Phase und umgekehrt beschreibt. Des Weiteren analysieren sie die Neubildung von Eiskristallen und die Ausbildung von Blasenstrukturen. Sie erhoffen sich zum Beispiel Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen sich die alten Eiskörper bildeten.
RUBIN / Andreas Pflitsch, Christiane Meyer, David Holmgren, AG Höhlen- und U-Bahn-Klimatologie, Geographisches Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
Stand: 28.03.2014