Uranus und Neptun teilen eine weitere Besonderheit: ein extrem ungewöhnliches Magnetfeld. Denn im Gegensatz zum Dipolfeld der Erde besitzen sie gleich vier magnetische Pole. Ein Paar entspricht dabei in etwa unserem Nord- und Südpol, das andere tanzt dagegen aus der Reihe. Seine Achse ist beim Uranus um 60° gegenüber der Rotationsachse geneigt und führt zudem nicht durch die Mitte des Planeten. Stattdessen ist sie um rund 8.000 Kilometer – das entspricht einem Drittel des Planetendurchmessers – nach Süden versetzt.
Durch diese ungewöhnliche Struktur ist die Magnetosphäre auf der Nachtseite des Uranus korkenzieherartig verwirbelt. Außerdem ist die Magnetfeldstärke auf der Nordhalbkugel um rund das Zehnfache höher als im Süden. Interessanterweise teilt der Uranus diese ungewöhnliche Magnetfeldstruktur mit seinem äußeren Nachbarn, dem Neptun. Auch dieser Eisplanet hat ein Quadrupolfeld, dessen eine Achse stark gegen die Rotationsachse geneigt ist. Aber warum?
Flüssiger Mantel oder halbfester Kern?
Normalerweise werden Magnetfelder gebildet, wenn leitfähige flüssige Schichten eines Planeten – bei der Erde der äußere Eisenkern – sich gegen eine andere leitfähige Schicht bewegen und dadurch wirken wie ein Elektromagnet. Beim Uranus jedoch fehlt diese Dopplung aus festem und flüssigem Eisenkern. Er hat zwar wahrscheinlich einen kleinen Kern aus Eisen und Silizium, der vielleicht sogar flüssig ist, doch es fehlt die zweite Schicht, die den Dynamo vervollständigen würde.
Planetenforscher vermuteten eine Zeitlang, dass der Uranusmantel, der aus Wasser, Ammoniak und Methan besteht, flüssig sein könnte und damit den Dynamo bildet. Doch der unter hohem Druck stehende Mantel hat vermutlich eher die Konsistenz von Eis. Ob darin ausreichend starke Strömungen entstehen können, ist unklar.
Bereits 2004 schlugen daher zwei US-Forscher eine andere Lösung für das Magnetfeldrätsel der beiden Außenplaneten vor: In einer Modellsimulation wiesen sie nach, dass ihr Kern der Antrieb für das Magnetfeld sein könnte. Denn er ist zwar größtenteils in einer Art quasifestem Zustand, eine dünne Außenschicht dieses leitfähigen Kerns aber könnte beweglich genug sein, um als Antrieb für den Magnetfeld-Dynamo zu dienen. Das ungewöhnliche Feld mit vier Polen entsteht dann deshalb, weil die Flüssigkeit dort nicht so frei zirkulieren kann wie beispielsweise im äußeren Erdkern. Welche der beiden alternativen Erklärungen – leitfähiger Mantel oder Kernhülle – tatsächlich zutrifft, ist allerdings bislang nicht eindeutig geklärt.
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Punktförmige Polarlichter
Zumindest in einem Punkt ist Uranus‘ Magnetfeld allerdings erdähnlich: Auch auf dem Eisplaneten gibt es Polarlichter. Schon die Raumsonde Voyager 2 sichtete helle Lichtbögen, die über längere Zeit auf der Nachtseite des Planeten standen. 2012 erspähte das Weltraumteleskop Hubble erneut Uranus-Auroren – diese aber verhielten sich völlig anders: Statt langgestreckter Bögen bildeten sie nur kleine, lokal eng begrenzte Lichtpunkte, die nur einige Minuten lang aufblinkten und dann wieder verschwanden.
Polarlichter entstehen, wenn geladene Teilchen des Sonnenwinds in die Ionosphäre eines Planeten eindringen und dort mit den geladenen Teilchen der Atmosphäre wechselwirken. Normalerweise wirken die Magnetfeldlinien dafür als Barriere, in der Nähe der Magnetpole aber stehen die Feldlinien annähernd senkrecht zur Planetenoberfläche und verlieren so ihre Schutzgitter-Wirkung.
Ähnliches ist auch beim Uranus der Fall. Weil aber seine Rotationsachse so stark gekippt ist, verändert sich auch die Ausrichtung der Magnetpole gegenüber dem Sonnenwind sehr stark. Nach Ansicht von NASA-Forschern könnte dies der Grund dafür sein, dass sich die Auroren des Uranus seit der Ära von Voyager so stark verändert haben – die Pole sind heute anders ausgerichtet.
Nadja Podbregar
Stand: 30.05.2014