Am 29. August folgt die nächste Eskalationsstufe: Aus einem Riss im Holuhraun-Feld nördlich des Gletschers Vatnajökull quillt ein Lavastrom. Er stammt wahrscheinlich aus dem Bárðarbunga-System und hat sich im Untergrund nach Norden vorgeschmolzen. Die zahlreichen in diesem Gebiet Erdbeben hatten diesen Vorstoß bereits angekündigt.
Glücklicherweise liegt der Lavaaustritt auf eisfreiem Gebiet, denn sonst wäre eine heftige Dampfexplosion möglich, die die Lava in winzige Aschenfetzen zerreißt und eine entsprechende Aschenwolke verursacht.
Erdspalte speit Lava
Weil dieser Lavastrom der Vorbote eines größeren Ausbruchs sein könnte, rufen die Behörden vorübergehend die Alarmstufe Rot aus. Dies bedeutet, dass eine Eruption unmittelbar bevorsteht oder bereits im Gange ist und dass dabei große Menge Asche in die Atmosphäre geschleudert werden könnten. Allerdings stufen sie dies nach wenigen Stunden wieder auf orange herab, nachdem es keine Anzeichen für eine größere Aschewolke gibt.
Am 31. August folgt eine zweite Lavaeruption, erneut am Holuhraun, etwas nördlich des letzten Lavaaustritts. Diesmal quillt auf 1,5 Kilometern Länge glühende Lava aus dem Untergrund, nach Schätzungen von Vulkanologen mit rund 1.000 Kubikmeter pro Sekunde. Aus der Spalte strömen zudem vulkanische Gase, die noch in hunderten Metern Höhe gemessen werden konnten. Der Lavaausstrom hält seither fast unvermindert an.
Lavafeld wächst
Am 3. September melden Vulkanologen der Universität Island, dass das Lavafeld am Holuhraun inzwischen 6,2 Quadratkilometer bedeckt und 30 bis 40 Millionen Kubikmeter Lava umfasst. Die Austrittsgeschwindigkeit der Lava hat sich allerdings etwas verringert: Die Spalte schleudert geschätzt 150 Kubikmeter pro Sekunde aus. Noch immer aber sind die glühenden Fontänen weithin sichtbar. Bis zum 7. Septemer ist das Lavafeld trotzdem schon auf knapp 16 Quadratkilometer gewachsen.
Und noch immer strömt mehr Lava in dieses Gebiet ein als aus der Spalte herausschießt, wie die isländischen Vulkanologen berichten. GPS-Messungen deuten auf eine weiter anhaltende Volumenzunahme dieses Magmavorstoßes hin. Zudem hat sich inzwischen ein Graben am Holuhraun gebildet, der zwei Kilometer weit unter den Rand der Eiskappe reicht. Radaraufnahmen zeigen Risse und große horizontale und vertikale Verschiebungen in diesem Bereich. „Dehnt sich die eruptive Spalte in diesen Bereich aus, brächte dies zusätzliche Gefahren mit sich“, so die Vulkanologen der Universität Island.
Gletscherfluss in Reichweite
In Richtung Norden hat das Lavafeld der Eruption am 7. September den Gletscherfluss Jökulsá á Fjöllum erreicht. Der Kontakt von Lava und eiskalten Gletscherwasser kann im Extremfall eine Dampfexplosion verursachen. In diesem Falle ging es jedoch glimpfglich ab – auch, weil der Fluss nur wenig Wasser führt und die Lava nur sehr langsam vorrückt. Einen verstärkten Wasserdamnpf-Ausstoß gibt es aber.
Auch am Bárðarbunga gibt es keine Entwarnung: Jeden Tag ereignet sich mindestens ein Erdbeben der Magnitude 5 und mehr am Caldera-Rand, wie die Vulkanologen der Universität Island
vermelden. Ähnliches habe man auch bei früheren Ausbrüchen des Vulkans Krafla im Norden Islands beobachtet. Noch immer aber ist unklar, ob ein großer subglazialer Ausbruch des Gletschervulkans droht.
Nadja Podbregar
Stand: 04.09.2014