Nicht nur Krankheiten und Unfälle machten den alten Ägyptern vorzeitig den Garaus – sie sorgten durchaus auch selbst dafür. Eines der bekanntesten Verbrechen im alten Ägypten wird auf einer Papyrusrolle beschrieben, die sich heute im ägyptischen Museum von Turin befindet.
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Verschwörung auf höchster Ebene
Nach dieser plante Teje, eine der Nebenfrauen von Ramses III., im 12. Jahrhundert vor Christus den Mord an ihrem Gatten. Der Tod des Pharaos sollte ihren Sohn Pentawer auf den Thron bringen. Doch die Verschwörung flog auf: Alle Beteiligten wurden vor Gericht gestellt und bestraft. Ob ihnen aber der Mord zuvor gelungen war oder nicht, blieb lange Zeit ebenso unklar.
„Die Dokumente beziehen sich auf Ramses III. als den ‚großen Gott‘ und implizieren, dass er vor oder während der Gerichtsverhandlungen starb“, erklären der Kairoer Ägyptologe Zahi Hawass und seine Kollegen. So ist beispielsweise vom Umsturz der königlichen Barke die Rede – einer Metapher für den Tod eines Königs. Andererseits sprechen die Texte aber auch davon, dass während des Prozesses direkte Anweisungen des Pharaos befolgt wurden – geschah dies möglicherweise posthum?
Wurde der Pharao umgebracht?
„Klar ist, dass Ramses 1155 v. Chr. im Alter von etwa 65 Jahren starb, doch wir kannten die Todesursache nicht“, erklärt Hawass. Denn umhüllende Gewebe und eine große Halskrause verdeckten wichtige Körperteile der Mumie. Diese konnte aber nicht entfernt werden, ohne das kostbare Relikt zu beschädigen.
Um das Rätsel von Ramses Tod zu lösen, untersuchte ein Forscherteam um Hawass die Mumie des Pharaos mit Mitteln der modernen Medizin und Kriminalistik: Sie unterzogen die 3.200 Jahre alten Relikte einer detaillierten Untersuchung und einer hochauflösenden Computertomografie, außerdem entnahmen sie an verschiedenen Stellen Knochenproben zur DNA-Analyse.
Ein klaffender Schnitt
Das Ergebnis war eindeutig: In der Kehle des Pharaos klaffte ein tiefer, sieben Zentimeter breiter Schnitt. Dieser durchtrennte alle Organe im Hals – Luftröhre, Speiseröhre, Blutgefäße – bis an die Halswirbel. „Das Ausmaß und die Tiefe der Wunde sprechen dafür, dass sie unmittelbar zum Tode von Ramses III. führte“, konstatieren die Forscher. War dies also der Todesstoß, für den Königin Teje und ihr Sohn im Prozess verurteilt wurden?
Dafür spricht ein weiterer Fund der Wissenschaftler: Eingeklemmt in der Wunde stießen sie auf ein 1,5 Zentimeter großes Amulett, ein sogenanntes Horusauge. Diesem Schutzsymbol schrieb man im alten Ägypten magische Kräfte zu. „Die durchtrennte Kehle und das Amulett sind eindeutige Hinweise darauf, dass der Pharao ermordet worden ist“, erklärt der Paläopathologe Albert Zink von der Europäischen Akademie Bozen. „Das Amulett ist ihm nach seinem Tod in die Wunde gelegt worden, um diese für dessen Nachleben zu heilen.“
Die Mumie des Mörders
Der wahrscheinliche Mörder, Ramses‘ Sohn Pentawer, musste schwer für seine Tat büßen: Den altägyptischen Schriften nach wurde er des Mordes überführt und dazu verurteilt, sich selbst zu töten. Auch seine Relikte haben die Archäologen inzwischen gefunden, Genvergleiche sprechen dafür, dass es sich bei der Mumie „Unknown Man E“ um den Königssohn handeln könnte.
Auffällig an dieser Mumie ist, dass sie mit einem Ziegenfell bedeckt war – einem im alten Ägypten als unrein geltenden Tier. Zudem wurde der Tote mumifiziert, ohne dass ihm zuvor die Organe und das Gehirn entnommen wurden, wie es eigentlich üblich war. „Am Hals konnten wir zudem eine seltsame Hautfalte erkennen“, berichtet Zink. „Diese könnte davon stammen, dass er sich selbst erhängt hat.“
Nadja Podbregar
Stand: 13.02.2015