Wenn aber das Erdöl nicht unbegrenzt reicht und für den Anbau von Ölpflanzen nicht ausreichend Land vorhanden ist – woher soll dann das Öl der Zukunft stammen? Immerhin geht es um viel mehr als nur den Treibstoff für Autos, Schiffe und Flugzeuge: Erdöl und Erdgas gehören zu den mit Abstand wichtigsten Rohstoffen der chemischen Industrie. Zahllose Ausgangsstoffe der chemischen Synthese entstammen diesen Gemischen aus Kohlenwasserstoffen. Moderne Produkte von Plastik bis Waschmittel sind ohne diese Rohstoffe praktisch undenkbar.
Glücklicherweise sind Raps, Soja und Ölpalme nicht die einzigen alternativen Ölquellen. Das Interesse an Biotreibstoffen der „zweiten Generation“ ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Unter diesem Begriff versteht man Treibstoffe, die nicht wie die „erste Generation“ aus Nahrungspflanzen gewonnen oder auf deren landwirtschaftlicher Fläche angebaut werden müssen. Stattdessen dienen zum Beispiel Pflanzenabfälle oder Jauche zur Gewinnung von Biogas.
Kraftstoff aus Holz
Holz erweist sich dabei als ein vielversprechender Rohstoff: Sägespäne fallen als Nebenprodukt in großer Menge an. Teilweise werden sie schon zu Pellets gepresst und als Heizmaterial verwendet. Aus der Zellulose im Holzabfall lassen sich mit hoher Temperatur und Druck benzinähnliche Kohlenwasserstoffe herstellen. Diese ähneln Mineralöl-Kraftstoffen sogar mehr als bekanntem Biosprit.
Auch die holzigen Teile anderer Pflanzen, die sogenannte Lignozellulose, sind nicht nutzlos: Chemisch lässt sich die Lignozellulose zu dem wichtigen Ausgangsprodukt Valeriansäure aufschließen. Setzt man diese wiederum mit passendem Bioalkohol um, so erhält man „valerische Biokraftstoffe“. Diese lassen sich ohne weiteres Umrüsten in den Tank heutiger Fahrzeuge füllen und verwenden. Sie sind zudem problemlos mit bekannten Kraftstoffen mischbar.
Algen, Pilze , Bakterien: Mikrobielle Ölproduzenten
Ebenfalls zu den Biokraftstoffen der zweiten Generation zählen von Mikroorganismen produzierte Öle. Einige Arten von Bakterien und Mikroalgen stellen solche Öle her. Daraus lässt sich ebenfalls Biodiesel raffinieren, ähnlich wie aus gewöhnlichem Erdöl. Die Algen müssen nicht auf Feldern angepflanzt werden – man kann sie schon in durchsichtigen Plastikflaschen züchten.
Noch effektiver funktioniert das Verfahren, wenn Mikroorganismen im Team arbeiten: Viele Nährstoffe in Pflanzenabfällen und besonders im Holz sind für Algen nur schwer verdaulich. Einige Pilze sind jedoch darauf spezialisiert, auf Holz zu wachsen. Wenn solche Pilze das Biomaterial gewissermaßen vorverdauen, erreichen ölproduzierende Bakterien geradezu Rekordwerte.
Biotreibstoff ohne Biomasse
Und es geht sogar völlig ohne Biomasse: Methanol und Ethanol lassen sich auch aus einfacheren chemischen Bausteinen wie CO2 oder Kohlenmonoxid (CO) herstellen, zusammen mit Wasser oder Wasserstoff. Auf diese Weise lassen sich die Verbrennungsprodukte CO2 und CO wieder fixieren, um klimaneutralen Treibstoff zu erzeugen.
Solche Verfahren waren allerdings bislang wenig effizient und kosteten viel Energie. Ein neuartiger Kupfer-Katalysator hat dieses Bild vor kurzem geändert: Damit lässt sich zehnmal effizienter als zuvor Ethanol auf elektrochemischem Wege aus CO und Wasser herstellen.
Am schonendsten ist Sprit sparen
Ebenfalls mit Elektrochemie arbeitet eine Pilotanlage im nordrheinwestfälischen Lünen: Dort wird mit Hilfe von Wind- und Solarstrom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der Wasserstoff wird zusammen mit Kohlendioxid zu Methanol umgesetzt. Überschüssige Energie aus den regenerativen Stromquellen lässt sich so in Form von Biosprit langfristig speichern, als nachhaltige Alternative zu fossilen Brennstoffen oder umstrittenem Agrosprit.
Keine dieser alternativen Methoden ist jedoch bislang im großen Maßstab im Einsatz. Bis auf weiteres ist daher nur eine Maßnahme wirklich nachhaltig und klimaschonend: Das Auto stehen lassen und Sprit sparen.
Ansgar Kretschmer
Stand: 30.04.2015