Physik

Gravitation als Geometrie

Einstein erfindet die Krümmung der Raumzeit

Nach seinem Gedankenexperiment ist für Einstein klar, dass die Gravitation nicht einfach nur eine Kraft ist, die wie durch Fäden Himmelskörper und Alltagsobjekte bewegt. Denn dies erklärt nicht, warum sie das Licht krümmen kann. Was nun folgt, ist einer der ganz großen Geistesblitze der Wissenschaft.

Die Schwerkraft der Sonne krümmt die Raumzeit - sie erzeugt eine "Kuhle" © scinexx

Krümmung statt Kraft

Einsteins revolutionäre Idee: Die Gravitation wirkt nicht einfach nur zwischen den Objekten im Universum, sondern ist eine direkte Folge der Geometrie von Raum und Zeit. Die Wirkung der Schwerkraft lässt sich damit geometrisch ausdrücken: Je mehr Masse ein Körper besitzt, desto stärker krümmt er die kosmische Matrix der Raumzeit. Und je größer diese Verzerrung, desto stärker beeinflusst sie die Bahnen naher Objekte: Sie werden zu diesem Körper hin abgelenkt – und das erscheint uns als Anziehung.

Damit aber stellt Einstein auch die Vorstellung der Raumzeit auf den Kopf – der von ihm selbst in seiner Speziellen Relativitätstheorie eingeführten Matrix des Kosmos. Denn diese ist nun nicht mehr bloß passiver Hintergrund, sondern greift selbst in das Geschehen ein und beeinflusst, wie sich die Objekte im Universum bewegen.

Verdeutlichen lässt Einsteins Vorstellung mit einem aufgespannten Gummituch. Legt man in seine Mitte eine Stahlkugel, drückt sie eine tiefe Kuhle in das Tuch. Auf ähnliche Weise krümmt beispielsweise die Schwerkraft unserer Erde die Raumzeit. Gibt man nun einige Tischtennisbälle auf das Gummituch, kullern sie in Richtung Stahlkugel bis sie sie erreichen – immer der Neigung des Tuches folgend. In der realen Welt entspräche dies beispielsweise einem Objekt, das man aus großer Höhe fallen lässt: Es wird angezogen und landet unweigerlich auf dem Boden.

Gravitationsmulde der Erde
Mit genügend Schwung kann eine Raumsonde der Gravitations-"Kuhle" der Erde entkommen. © MMCD NEW MEDIA GmbH

Energie hilft beim Entkommen

Doch Einsteins Theorie der gekrümmten Raumzeit hat noch eine weitere Konsequenz: Man kann den Gravitations-„Kuhlen“ durchaus entfliehen – wenn man nur schnell genug ist. Denn nach Einsteins einige Jahre zuvor formulierten Formel E=mc² sind Masse und Energie äquivalent. Auf ein energiereiches und damit schnelles Objekt wirkt die Gravitation demnach genauso wie auf ein entsprechend schweres. An diesem Punkt geht Einsteins Gravitationstheorie über die von Newton hinaus.

In unser Beispiel übersetzt bedeutet dies: Mit genügend Schwung lässt sich auch ein Tischtennisball so über unser Gummituch hinwegrollen, dass er von der Stahlkugel zwar aus seiner Bahn gelenkt wird, dann aber in der neue Richtung weiterrollt. Seine Bahn wurde von der Schwerkraft der Stahlkugel gekrümmt. Und genau dies passiert auch im Weltraum: Die Schwerkraft unserer Sonne krümmt die sie umgebende Raumzeit und beeinflusst so die Bahnen der Planeten. Sie bewegen sich gerade so schnell, dass ihre Geschwindigkeit sie auf stabilen Bahnen hält – sie fallen nicht in die solare Gravitations-„Kuhle“, können aber auch nicht entkommen.

Soweit, so einleuchtend. Doch wäre das schon alles, dann wäre Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie wenig mehr als eine andere Umschreibung für die schon seit Newton bekannten Schwerkraft-Effekte. Ihre wahre Sprengkraft geht aber sehr viele weiter.

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Nadja Podbregar
Stand: 20.11.2015

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Neuerfindung der Gravitation
Albert Einstein und die Allgemeine Relativitätstheorie

"Unmögliche" Fernwirkung
Das Problem mit der Gravitation

Ein Fahrstuhl im Weltraum
Einsteins Gedankenexperiment

Gravitation als Geometrie
Einstein erfindet die Krümmung der Raumzeit

Gebogenes Licht und gedehnte Zeit
Gravitation wirkt auf mehr als nur Massen

Zahlenspiele
Einsteins Kampf mit den Feldgleichungen

Der erste Beweis
Eine Sonnenfinsternis und verschobene Sterne

Und heute?
Warum Einsteins Theorie so aktuell und relevant ist

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