Eine Depression ist eine ernsthafte Erkrankung. Sie muss und kann in den meisten Fällen erfolgreich behandelt werden. So facettenreich wie die Gesichter der psychischen Störung sind dabei auch die zur Verfügung stehenden Therapiemaßnahmen. Zwei wichtige Grundpfeiler der Behandlung bilden jedoch stets die Psychotherapie sowie die Behandlung mit Medikamenten.
Pillen für die Psyche
Während die psychotherapeutische Betreuung auf der Verhaltensebene ansetzt und unter anderem darauf abzielt, das Leben der Patienten aktiver zu gestalten und negative Denkmuster abzubauen, greift die Pharmakotherapie direkt in den Hirnstoffwechsel ein. Das Ziel: Die Konzentration wichtiger Botenstoffe wie Serotonin oder Noradrenalin im synaptischen Spalt zwischen den Gehirnzellen erhöhen und auf diese Weise die Signalübertragung zwischen den Zellen fördern.
Im Gehirn von depressiven Patienten liegen diese Neurotransmitter oftmals nicht mehr in den optimalen Mengen vor. Signale werden dadurch nicht richtig übertragen – und das schlägt sich in den Gedanken und Gefühlen des Betroffenen nieder. Als sogenannte Wiederaufnahmehemmer wirken gängige Antidepressiva diesem Zustand entgegen.
Sie entfalten ihre Wirkung, indem sie die Wiederaufnahme bestimmter Botenstoffe in die Gehirnzellen verzögern. Normalerweise nehmen diese überschüssiges Serotonin & Co regelmäßig wieder aus dem synaptischen Spalt auf, um eine Dauererregung zu verhindern. Bis sich der Effekt der Tabletten positiv bemerkbar macht, können bis zu sechs Wochen vergehen. Danach spüren viele Patienten jedoch eine deutliche Besserung.
Sport hemmt Depressions-Signale
Ergänzend können andere Behandlungsmethoden das Befinden von Betroffenen zusätzlich verbessern. Als wissenschaftlich erwiesen gilt zum Beispiel, dass regelmäßiger Sport manchen Patienten das Lächeln zurückgeben kann. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen haben kürzlich schwedische Forscher aufgedeckt. Demnach scheinen trainierte Muskeln Proteine zu produzieren, die bestimmte Signalstoffe für Stress unschädlich machen – Stoffe, die bei Depressionen vermehrt vorkommen.
„Trainierte Muskeln haben also gleichsam eine reinigende Funktion ähnlich wie Niere oder Leber“, sagt Jorge Ruas vom Karolinska Institut in Stockholm. Der Wissenschaftler hofft, dass die Erkenntnisse den Weg für die Entwicklung ganz neuer Behandlungsmöglichkeiten ebnen.
Schlafentzug als Stimmungsaufheller
Ebenfalls bewährt hat sich die sogenannte Wachtherapie. Sie arbeitet mit einem drastischen Mittel: Schlafentzug. Das klingt zunächst paradox, leidet doch ein Großteil aller Depressionspatienten unter hartnäckigen Schlafstörungen. Betroffene schlafen unruhig und liegen morgens schon früh stundenlang grübelnd wach.
Trotzdem kann ausgerechnet das vollständige Rauben des Schlafs die Stimmung bereits nach einer Nacht erheblich aufhellen. Forscher nehmen an, dass sich die Synapsen im Gehirn während einer Depression nicht mehr wie bei Gesunden vernetzen um neue Informationen zu verarbeiten – die sogenannte synaptische Plastizität ist zu schwach. Einer Theorie zufolge versetzt erst der Schlafentzug das Gehirn in einen Erregungszustand, in dem es seine Reaktionen hochfährt und sich die Nervenzellen angemessen neu vernetzen können.
Insbesondere die schlagartige Besserung, die bei rund 60 Prozent der behandelten Patienten eintritt, ist erstaunlich. „Sie hält allerdings nur bis zum nächsten Schlaf, meist bis zur folgenden Nacht, an“, sagt Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. „Dass die oft bereits seit Monaten bestehende Depression allein durch eine derartige Maßnahme durchbrochen werden kann, vermittelt jedoch oft Hoffnung.“ Außerdem können bestimmte Methoden, wie etwa das Verschieben von Schlafphasen oder gezielte Lichttherapie, den Rückfall hinauszögern oder gar verhindern.
Daniela Albat
Stand: 30.09.2016