Wenn ein Siedelweber-Männchen sich zum Nestbau entschließt, lassen die Artgenossen nicht lange auf sich warten. Die in Afrika beheimateten Singvögel beginnen zunächst damit, in einem geeigneten, möglichst stabilen Baum ein kuppelförmiges Dach zu bauen. Dazu legen sie mit Hilfe von Schnabel und Füßen ein Geflecht aus langen Halmen und Zweigen an.
Rasch gesellen sich weitere Männchen dazu und unterstützen die Initiatoren des Bauprojekts eifrig beim Ausbau des Dachstuhls, der zugleich als Regen- und Sonnenschutz dient. Ist die Überdachung fertig, bauen die Siedelweber darunter ihre flaschenförmigen Wohnröhren, indem sie Grashalme und andere Pflanzenfasern verknoten. Das Innere dieser Wohnnester polstern die Vögel mit Tierhaaren und Federn aus.
Die Männchen wetteifern mit ihren Flechtkünsten um die Gunst der Weibchen. Denn nur, wer sein Nest ordentlich und stabil geknüpft hat, kann auch eine Dame zum Einzug überzeugen. Um ihre Chancen auf eine Partnerin zu steigern, setzen mache Männchen daher auf Masse statt Klasse und bieten gleich mehrere Nester zur Besichtigung an. Über eine Einflugöffnung an der Unterseite werden die potenziellen Kinderstuben inspiziert und mit sorgsam ausgewählt.
Am Ende wohnen durchschnittlich 20 bis 30 Familien wortwörtlich unter einem Dach zusammen. So eine WG spart nicht nur Baumaterial im Vergleich zu Einzelnestern, sondern bietet vor allem mehr Schutz vor Fressfeinden. Die werden nämlich von der eingeschworenen Wohngemeinschaft mit vereinten Kräften abgewehrt.
Zusammenbruch nicht ausgeschlossen
Nur wenn die Siedelweber es mit dem Roof-Sharing mal etwas übertreiben, zeigt sich das Problem dieser Bauweise: Bei mehreren hundert Tieren, die ihr Gemeinschaftswerk unentwegt nachbessern und vergrößern, gibt so mancher Baum unter der schweren Last nach.
Dieser Bauwahn kann sogar für den Menschen zum Problem werden: Wenn die Siedelweber mit ihrem Großbauprojekt nicht nur Bäume in die Knie zwingen, sondern auch den ein oder anderen Strommast niederreißen, steht der Mensch mitunter nicht nur staunend da, sondern auch im Dunkeln.
Christian Lüttmann
Stand: 24.03.2017