Geologie/physische Geographie

Das Henne-Ei-Problem

Der Geodynamo als Perpetuum mobile?

Die Simulation der Umpolungen gibt den Geoforschern auch zum ersten Mal einen virtuellen Einblick in das Wirken des „Dynamos“ und in die möglichen Ursachen für die Umkehrungen des Magnetfelds.

Paradox von Feld und Strömung

Lange Zeit kämpften Geophysiker mit einem scheinbaren Paradoxon: Nach gängiger Vorstellung induziert eine Art Dynamo im Inneren der Erde das Magnetfeld. Bei einem solchen hydromagnetischen Dynamo entsteht ein Magnetfeld jedoch nur dann, wenn sich eine leitende Flüssigkeit gegenüber einem elektrisch geladenen Bezugspunkt bewegt. Die Strömung der Flüssigkeit wiederum kommt erst durch das Wirken eines Magnetfelds in Gang.

Mit anderen Worten: Ein klassisches Henne-Ei-Problem. Jeder der beiden Faktoren hängt vom anderen ab, doch welcher war zuerst da? Da es den irdischen Dynamo heute eindeutig gibt, muss er irgendwann einmal begonnen haben. Schon seit Michael Faraday Anfang des 19. Jahrhunderts die Dynamotheorie aufstellte, versuchen die Geoforscher dieses Paradox zu lösen.

Erde als Dynamo? © MMCD

Strömungen als Urheber?

Es gibt es Anhaltspunkte dafür, das die durch die Temperaturunterschiede der verschiedenen Tiefen ausgelösten Konvektionsströmungen eine wichtige Rolle spielen könnten. Vereinfacht ausgedrückt könnte die Wärmeenergie das flüssige Eisen des äußeren Erdkerns in Bewegung setzen. Diese Strömung erzeugt durch einen noch nicht genau erforschten Prozess einen elektrischen Strom, der wiederum das Magnetfeld induziert. Das Magnetfeld seinerseits hält den gesamten Dynamoprozess in Gang.

Es klingt wie ein Perpetuum mobile, scheint aber auf seltsame Weise im Erdinneren zu funktionieren. Neuesten Erkenntnissen und einem verbesserten Computermodell zufolge könnte neben dem inneren und äußeren Erdkern auch der Erdmantel eine wichtige Funktion im komplexen Rückkopplungssystem des Erddynamos haben. In Glatzmaiers Simulation löste die ungleichmäßige Hitzeverteilung an der unteren Grenze des Mantels Veränderungen im Magnetfeld aus. „Variationen im Wärmefluss an der Grenze erzeugen eine Strömung im Kern, ähnliches ist auch bei den Strömungen der Atmosphäre zu beobachten, die durch Temperaturunterschiede angetrieben werden“, erklärt Bruce Buffett von der Universität von British Columbia.

Und auch die Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit von Umpolungen scheint durch diese Temperaturfluktuationen beeinflusst zu werden. Wenn Glatzmaier das Modell mit jeweils unterschiedlichen Temperaturverteilungen im unteren Mantelbereich laufen ließ, veränderten sich Dauer und Häufigkeit der magnetischen Umpolungen und Events, aber auch die Intensität der resultierenden Magnetfelder.

Doch trotz Fortschritten und Modellierungen – ein Großteil der komplexen Vorgänge des irdischen Magnetismus sind noch immer ungeklärt…

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Nadja Podbregar
Stand: 15.12.2001

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Magnet Erde
Kommt die große Umpolung?

Das Rätsel der Wundernadel
Woher kommt der Magnetismus?

Norden ist nicht Norden...
...jedenfalls nicht immer

Die Magnetosphäre der Erde
Der unsichtbare Schutzschild

Verräterische Feuersteine
Winzige Kompassnadeln als Schlüssel zum Magnetfeld

Als Nord noch Süd war...
Umkehrungen des globalen Magnetfelds

Was passiert während einer Umpolung?
Es beginnt mit einer langsamen Abschwächung...

Kommt der große Polwechsel?
Erste Anzeichen deuten auf beginnende Schwächung des Magnetfelds hin

Ursachen der Umpolungen
Mit dem Supercomputer ins Innere der Erde...

Das Henne-Ei-Problem
Der Geodynamo als Perpetuum mobile?

Polwechsel und Plattentektonik
Rätselhafte Streifen am Meeresgrund...

Und er bewegt sich doch...
Paläomagnetismus und der wandernde Meeresboden

Chronik der Magnetfeldforschung
Dem Erdmagnetismus auf der Spur

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