Zelle und Chip sprechen zwei verschiedene Sprachen – und so mitteilsam beide auch sein mögen: Verstehen können sie einander nicht. Professor Peter Fromherz, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München, ist es jedoch gelungen, die „Wasserwelt des Gehirns mit der Siliziumwelt des Computers“ zu koppeln und damit zu beweisen, dass neuroelektronische Systeme prinzipiell funktionieren.
Computer und Gehirne arbeiten zwar jeweils elektrisch, nutzen aber unterschiedliche Ladungsträger: Elektronen die einen, Ionen die anderen. Der Biophysiker Peter Fromherz überwand diese „Sprachbarriere“ mit einem eleganten Trick. Er koppelte Chip und Neuron über elektrische Felder. Im Gegensatz zur üblichen Reizung mit Elektroden, bei der man die Zelle ansticht und Strom von der Elektrode in die Zelle fließt, ist diese Methode „non-invasiv“; denn das Neuron wird nicht verletzt und eine dadurch bedingte Veränderung der Zelle vermieden.
Für den Grundlagenforscher Fromherz war es vor allem eine intellektuelle Herausforderung, als er sich im Jahr 1985 fragte, ob es gelingen könnte, eine Neuron-Silizium-Verbindung herzustellen. „Als ich das erste Mal ernsthaft darüber nachdachte, motivierte mich auch die Vorstellung, dass man den Computer an das Hirn lötet. Man bringt so gedanklich völlig verschiedene Konzepte der Wissenschaft zusammen – aber es dauert eben.“ Tatsächlich vergingen fünf Jahre, bis die Forscher 1991 den Durchbruch in der Zeitschrift SCIENCE vermeldeten: Der von ihnen entwickelte Chip registrierte Veränderungen des elektrischen Felds in seiner unmittelbaren Umgebung, ausgelöst durch die Erregung einer Nervenzelle.
Inhalt:
- Riesennervenzellen auf Silizium
Wie sich Chip und Zelle näher kommen - Zwei Basistechnologien - ein Experiment
Parallele Arbeit in Halbleitertechnologie und Gentechnik - Von Stufe zu Stufe...
Neuronale Netze in der Natur – und im Labor - Mehr Kontakte für die Zellen
Wann geht das Gehirn online?
Christina Beck/Max Plack Forschung 2/2003
Stand: 09.04.2004