Ein zweites Motiv, das Verne in seinen Romanen aufgreift, ist die Eroberung des Raums. Nachdem sich das Zeitalter der geographischen Entdeckungen dem Ende zuneigte, stillte der Autor die Neugierde seiner Leser, indem er sie in die exotischsten Regionen der Erde, in die Tiefsee, zum Mittelpunkt der Erde und sogar zum Mond entführte. Dazu musste der Autor bereits existierende Pläne für U-Boote, Luftschiffe und Autos in der Fantasie zu perfekt funktionierenden Transportmitteln reifen lassen.
Glaubwürdige Technik
In „20.000 Meilen unter dem Meer“, erschienen 1869, nimmt Kapitän Nemo die Weltmeere in Besitz. Getreu seinem Motto „Mobile in Mobilis“ (mobil in einem beweglichen Element) bewegt er sich durch ein Element, in dem der Mensch ohne technische Hilfsmittel nicht überleben kann. Kapitän Nemo macht sich das Meer – auch im biblischen Sinne – untertan: Er nutzt es als Transportmittel, Lebenswelt und Ressource zugleich und ernährt und kleidet sch aus seinen Erträgen.
Glaubwürdigkeit gewinnt das Ganze auch durch immer wieder eingestreute Bezüge zu existierenden Geräten oder Gegebenheiten. Die Nautilus hat der geniale Ingenieur so umgerüstet, dass es nahezu autark ist und er das Festland niemals mehr betreten muss. Lange bevor Jacques Cousteau seine ersten Unterwasser-Expeditionen startete, lässt Verne vor den großen Glasfenstern im Salon der Nautilus bereits die exotische Flora und Fauna des Meeres vorbeiziehen.
Inspiration auch für reale Pioniere
In Vernes Phantasie kommt Kapitän Nemo weiter als jeder Forschungsreisende vor ihm. Nemo hebt die Schätze gesunkener Schiffe, findet die sagenumwobene Stadt Atlantis und entdeckt im Jahr der Eröffnung des Suezkanals eine unterseeische Passage zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer. Einer der Höhepunkte von Vernes Roman ist die Entdeckung des Südpols.
Vernes Schilderungen der Erlebnisse und technischen Konstruktionen faszinierte nicht nur Leser rund um die Welt. Sie inspirierten ihrerseits Technikpioniere wie den U-Boot-Entwickler William Beebe und Entdecker wie den Polarforscher Richard Byrd.
Anne Hardy / Forschung Frankfurt
Stand: 11.04.2014