Angesichts der riesenhaften Ausmaße der meisten Geoglyphen stellt sich die Frage, wozu diese Linien, Muster und Figuren dienten. Denn die meisten von ihnen scheinen aus Sicht eines Betrachters am Boden kaum mehr als Trampelpfade oder steinerne Feldmarkierungen. Erst aus der Luft gesehen werden die Motive erkennbar. Über den Zweck solcher eigentlich „unsichtbaren“ Bilder rätseln Archäologen bis heute.

Eine Theorie, die schon die Entdecker der Nazca-Linien in den 1940er Jahren vertraten, ist ein astronomischer Zweck der Bodenbilder. Denn prähistorische Monumente wie Stonehenge, die Kreisgrabenanlage von Goseck oder das Sonnenobservatorium von Chankillo in Peru belegen, dass schon frühe Kulturen Himmelskonstellationen und wiederkehrende Positionen von Sonne und Mond kannten und ihre Bauten danach ausrichteten. Das half ihnen dabei, wichtige Daten für Rituale und Feste, aber auch für die Landwirtschaft einzuhalten.
Zeiger für Sonnenwenden und Co
Auch einige der Nazca-Linien und der älteren Paracas-Geoglyphen scheinen nach astronomischen Gesichtspunkten ausgerichtet zu sein. Schon Paul Kosseck, der Entdecker der Nazca-Linien hatte festgestellt, dass eine zur Sommersonnenwende von ihm besuchte Linie genau auf den Sonnuntergang zulief. Im Chincha-Tal in Südperu weisen gleich mehrere von der Paracas-Kultur geschaffene Linien, u-förmige Aufschüttungen und Gräben auf die Richtung des Sonnenaufgangs zur Wintersonnenwende, wie Archäologen im Jahr 2014 entdeckten.
„Wenn es sich hier nur um die Linien handelte, könnte man argumentieren, dass solche Ausrichtungen purer Zufall sein könnten“, erklärt Charles Stanish von der University of California in Los Angeles. „Aber die Kombination der ebenfalls in Ausrichtung auf die Sonnenwende errichteten Hügel, Wälle und die Existenz vergleichbarer astronomischer Markierungen anderswo in den Anden machen eine absichtliche Ausrichtung am wahrscheinlichsten.“