Das Leben der Zugvögel ist nicht ohne Gefahr, ganz im Gegenteil. Der Vogel nimmt ein großes Risiko mit seinem Flug ins Winterquartier auf. Er kann unterwegs verdursten, verhungern, von einem Räuber gefressen, durch starke Winde verweht werden oder nicht zuletzt an Erschöpfung sterben. Aber damit nicht genug, auch der Mensch macht den Vögeln ihre Reise schwer.
Allein in Nordamerika sterben jährlich ungefähr 100 Millionen Vögel beim Zusammenstoß mit Gebäuden, davon gehen zirka 1.500 auf das Konto eines einzigen Towers in Chicago. Daneben gilt der Vogeltod durch den elektrischen Schlag an Hochspannungsleitungen, Elektrokution genannt, bereits als wichtigste Todesursache für verschiedene große Zugvögel, wie beispielsweise für den Weißstorch. Die Vögel sterben, wenn sie Hochspannungsmast und -leitung gleichzeitig berühren. Um die Vögel in Deutschland vor tödlichen Stromschlägen zu schützen, dürfen laut Bundesnaturschutzgesetz nur noch vogelsichere Strommasten eingesetzt werden. Diese haben Plastikschutzkappen und die Leitungen in der Nähe des Mastes sind isoliert.
Windkraftanlagen dagegen scheinen laut einer dänischen Studien für Vögel weitgehend ungefährlich zu sein. Die Tiere erkennen die Anlage offenbar früh genug und halten einen ausreichenden Sicherheitsabstand. In besonders dunklen Nächten sowie bei besonders großen Anlagen kann es jedoch auch hier zu tödlichen Zusammenstößen kommen. Insgesamt ist die Auswirkung von Windkraftanlagen auf Vögel noch nicht hinreichend untersucht, um sie als Gefahr für die Tiere auszuschließen.
Eine starke Bedrohungen für Zugvögel ist außerdem die Jagd. In vielen Ländern ist das Jagen von Vögeln aller Art, und damit auch Zugvögeln, ein weit verbreitetes Hobby. Dabei wird auch vor der Jagd von Singvögeln kein Halt gemacht, da gerade diese in einigen europäischen Ländern als Delikatesse gegessen werden. In unserem Nachbarland Frankreich zum Beispiel fallen jedes Jahr bis zu fünf Millionen Feldlerchen und fast eine halbe Millionen Kiebitze den Jägern zum Opfer. In Italien schätzt man die Zahl der gejagten Singvögel auf mehrere hundert Millionen pro Jahr.
Zusätzlich sind Zugvögel durch die zunehmende Zerstörung von natürlichen Biotopen bedroht. Die meisten ziehenden Vögel brauchen Rastplätze auf ihrem Weg ins Winterquartier. Auf diesen finden sie Nahrung und Wasser und erholen sich von ihrem Flug. In der Regel handelt es sich hierbei um große Feuchtgebiete, wie zum Beispiel das Wattenmeer, größere Innlandseen oder Flussauen. Solche Rastplätze werden vom Menschen zunehmend zerstört, unter anderem durch zu intensive Wasserentnahme aus Seen oder durch Bebauung, Industrie und Landwirtschaft.
Das Tote Meer beispielsweise dient 90 Vogelarten während ihres Zugs als Rastplatz. Der Wasserstand des großen Inlandsees sinkt aber kontinuierlich. Wenn der Trend anhält, wird das Gebiet in naher Zukunft nicht mehr zur Nahrungs- und Wasseraufnahme für Zugvögel geeignet sein. Das gleiche Problem ergibt sich für viele Brut- und Überwinterungsgebiete in Europa, sie werden durch den menschlichen Einfluss zum großen Teil unbrauchbar für Vögel.
Die mit dem Klimawandel verbundenen, zunehmend milderen mitteleuropäischen Winter stellen für Zugvögel ebenfalls eine Gefahr dar. Die relativ warmen Temperaturen sorgen dafür, dass in den Brutgebieten mehr Standvögel den Winter überleben. Im Frühjahr reicht das vorhandene Futterangebot dadurch nicht mehr aus, um Standvögel und zurückkehrende Zugvögel gleichermaßen zu ernähren. Und da letztere von ihrer Reise geschwächt sind, verhungern sie zuerst.
Tierschützer und -vereine auf der ganzen Welt setzen sich für den Schutz der Zugvögel ein. Sie versuchen aktuelle Bedrohungen zu reduzieren und wichtige Lebensräume für Vögel zu bewahren. Gesetzlich sind alle Vögel in Europa durch die EG-Vogelschutzrichtlinie seit 1979 geschützt.
Auf internationaler Ebene gibt es die sogenannte Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten. Der Haken der Konvention ist, dass die Mitgliedsstaaten sich freiwillig dazu bereit erklärt haben, Maßnahmen zum Schutz und Erhalt wandernder Arten durchzuführen. Es drohen jedoch keine Sanktionen, wenn sie es nicht tun. Zum Schutz bestimmter Wasservogelarten, wie beispielsweise Wildgänse und Weißstörche, gibt es zusätzlich ein afrikanisch-eurasisches Regionalabkommen, AEWA.
Stand: 20.03.2003