Nach gängiger Theorie entstanden die für das Leben nötigen komplexen Moleküle auf der Erde. Das berühmte Experiment von Stanley Miller in den 1950er Jahren zeigte, dass dies in einer Atmosphäre aus Methan, Ammoniak und Wasserstoff mit Blitzschlägen als Energiequelle tatsächlich möglich ist. In Millers simulierten Bedingungen einer jungen Erde entstanden einfache Aminosäuren und ähnliche organische Moleküle – das erste Rezept der „Ursuppe“ war nachgekocht.
Über die tatsächlichen Bedingungen auf der Erde vor vier Milliarden Jahren sind Wissenschaftler sich nicht völlig einig. Daher haben viele Forscher Millers Experiment mit verschiedenen Ausgangsstoffen und Energiequellen wiederholt. So konnten sie mittlerweile fast alle für das erste Leben wichtigen Moleküle auf diese Art herstellen.
Verkettung beim Einschlag
Doch auch hier könnten Meteoriteneinschläge und die von ihnen mitgelieferten Bausteine eine wichtige Rolle gespielt haben: Japanische Wissenschaftler um Yoshihiro Furukawa von der Tohoku University haben solche Ereignisse nachgestellt, indem sie Klumpen aus Eis und Gestein mit einer Art Kanone auf ein Ziel schossen. In diese nachgemachten Meteoriten mischten sie auch einige einfache organische Ausgangsstoffe.
Nach dem Aufprall fanden sie jedoch weitaus komplexere Moleküle vor, darunter die Aminosäure Glycin und die Basen der DNA. Andere Forscher mischten Glycin als Ausgangsstoff in solche künstlichen Meteoriten. Dies führte zu noch komplexeren Resultaten: Anstatt beim Einschlag zu zerfallen, verbanden sich jeweils bis zu drei Glycin-Moleküle zu einer kurzen Kette, so wie sich auch Aminosäuren zu den langkettigen Proteinen verbinden.
Gerade bewohnbar, schon bewohnt
Ob mitgeliefert oder erst beim Aufprall entstanden – die Meteoriteneinschläge könnten die Produktion der ersten Lebensbausteine direkt oder indirekt angekurbelt haben. Wenn nicht das gesamte Material erst auf der Erde zusammengebraut werden musste, hätte die Entwicklung des Lebens in der Ursuppe gewissermaßen eine Abkürzung genommen.
Dies würde ein Problem in der gängigen Theorie lösen: den straffen Zeitplan. Das Große Bombardement endete wahrscheinlich vor rund 3,8 Milliarden Jahren. Nur rund 200 Millionen Jahre später hatten sich bereits komplexe Biomoleküle zu lebenden Einzellern zusammengefunden. Das Leben entwickelte sich damit nach geologischen Maßstäben bemerkenswert schnell: Sobald die junge Erde einigermaßen bewohnbar wurde, war sie offenbar auch schon bewohnt.
Die bisherigen Experimente und Beobachtungen beweisen allerdings weder, dass das erste Material für Leben vor Milliarden Jahren auf der jungen Erde entstanden sein muss, noch dass es garantiert aus dem Weltall stammt. Beide Wege sind möglich, vielleicht haben sie sich sogar gegenseitig ergänzt. Ein außerirdischer Ursprung der Lebensbausteine ist aber auch nicht ausgeschlossen.
Ansgar Kretschmer
Stand: 21.08.2015