Für die Australier gibt es kaum ein heikleres Thema als ihr Verhältnis zu den Ureinwohnern des Kontinents, den Aborigines. Die Beziehung ist auch heute noch geprägt von Vorurteilen und Unwissen. Mit den Olympischen Spielen 2000 in Sydney rückte die Benachteiligung und Unterdrückung der Aborigines wieder einmal in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Durch Protestaktionen machten die Ureinwohner auf ihre nach wie vor schlechte Situation aufmerksam. Unter den Augen hunderter Journalisten aus aller Welt waren die Australier gezwungen, sich mit den dunkelsten Kapiteln ihrer Geschichte auseinanderzusetzen.

Bevor die Europäer den Kontinent besiedelten, lebten die Aborigines in Stammesverbänden von 500 bis 700 Personen. Es gab sowohl sesshafte als auch umherziehende Gruppen. Ihre Ernährung deckten sie durch das Sammeln von Früchten und die Jagd. Ethnologen gehen davon aus, dass die Aborigines nie Feldbau betrieben haben und nur sehr wenige ständige Gebrauchsgegenstände besaßen. Ihrem Glauben nach sehen sie sich als Teil der Natur. Sehr wichtig in ihrer Mythologie ist die Traumzeit, die Zeit der Entstehung aller Dinge. Ihre Geschichte und Religion halten sie in Zeichnungen, besonders durch Felsmalereien, fest.
Die Aborigines kennen weder hierarchische Strukturen noch Besitz. Als ab Ende des 18. Jahrhunderts verstärkt weiße Siedler einwanderten, war der Konflikt daher unvermeidbar. Das Land Australiens galt für die Europäer als Niemandsland und so machten sie es zu ihrem Besitz. Den Aborigines wurden ihre Landrechte damit aberkannt. Die weißen Siedler verglichen sie mit wilden Tieren und behandelten sie auch so.
Im 19. Jahrhundert veranstalteten sie regelrechte Treibjagden auf die Ureinwohner und setzten Prämien für die Tötung aus. Bei der Ankunft der Weißen gab es etwa 300.000 bis 500.000 Aborigines. Bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts dezimierte sich diese Zahl um 90 Prozent, wobei hier Mischlinge aber nicht mitgezählt wurden. Ganze Stämme rotteten die Europäer durch Ermordung und eingeschleppte Krankheiten aus. Viele Kulturen gingen unwiderbringlich verloren. So starben beispielsweise binnen 70 Jahren alle Ureinwohner Tasmaniens.