Wo kommt das neue Virus so plötzlich her? Was unterscheidet es von den normalen, alljährlich im Winter kursierenden Grippeviren und warum hat es so hohes Pandemiepotenzial? Einen Teil dieser Fragen kann nur ein genauerer Blick auf das Genom der Influenzaviren beantworten. Zwei amerikanische Forschergruppen haben genau dies getan und veröffentlichten Mitte Mai 2009 in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ genetische Analysen sowohl des neuen als auch eines „klassischen“ Schweinegrippevirus.
Denn die Schweinegrippe ist keineswegs völlig neu. Sie ist unter Hausschweinen seit 1930 durchaus verbreitet, aber in den USA seit 2005 nur in elf Fällen von Schweinen auf Menschen übertragen worden. Auch hier ist der Erreger ein Influenza A Virus. Was ihn von der neuen, aber auch von der früheren, nicht auf Menschen übertragbaren Form unterscheidet, liegt im Genom verborgen.
Unabhängige Genpakete
Influenzaviren besitzen die Besonderheit, dass ihr Erbgut in acht einzelnen, voneinander getrennten Strängen vorliegt. Sie können sich frei kombinieren und unabhängig voneinander verändern, wichtig ist nur, dass von jeder Sorte ein Gen vorhanden ist. Die acht Gene kodieren unter anderem die Proteine der Virenhülle sowie Enzyme, die das Einbauen und Ablesen der Viren-RNA durch die Zellmaschinerie des Wirtes steuern.
Zwei der Gene sind für den Infektionserfolg des Virus besonders entscheidend: Eines kodiert das Oberflächenprotein Hämaglutinin (H), das dem Erreger die Bindung an die Wirtszelle ermöglicht und ihm damit quasi die Tür öffnet. Das andere steuert die Produktion des ebenfalls an der Oberfläche sitzenden Enzyms Neuraminidase (N). Dieses sorgt dafür, dass die neu erzeugten Tochterviren die Wirtszelle wieder verlassen können und liefert damit die Voraussetzung für eine weitere Vermehrung der Viren im Körper.
Das Geheimnis von „H“ und „N“
Wegen ihrer Bedeutung wird vor allem die Zusammensetzung dieser beiden Gene von Virologen genutzt, um verschiedene Subtypen der Influenza A zu unterscheiden. Aus der Kombination der durch Zahlen gekennzeichneten Genvarianten ergibt sich die Klassifizierung der Viren. Insgesamt existieren 16 Hämaglutinin- und neun Neuraminidase-Varianten, die meisten von ihnen in Vögeln.
Nadja Podbregar
Stand: 29.05.2009