Ralf Schumann ist mittlerweile ein Berühmtheit, nicht nur im Badischen, wo seine Geigenbauerwerkstatt steht. Sondern in seiner ganzen Zunft. Denn der Handwerksmeister hat sich erst mit völlig unerhörten Methoden an den vom ihm gebauten Streichinstrumenten vergangen, dann aber eine Welle an Nachfragen ausgelöst. Jetzt pilgern Besitzer von Stradivaris ebenso zu ihm wie Erste Geiger, Hobbyfiedler oder weltbekannte Stars. Schumann „akupunktiert“ verstimmte Instrumente – und hat Erfolg damit.
Lotterei oder geheimer Trick?
Entdeckt hat er die Möglichkeit der Klangregulierung durch Bilder von Geigen aus dem 18. Jahrhundert. Wertvolle Guadagnini-Geigen zeigten darauf winzige Löcher an der Schnecke. Erst zweifelte Schumann, ob die Löcher Absicht seien oder nur verschlampte Arbeitsspuren. Doch auf Geigen des Meisters Guadagnini konnte er sich letzteres nicht wirklich vorstellen. Deshalb nahm er an, dass die Löcher doch vielleicht absichtlich in das Holz gestochen worden waren und begann, selbst zu experimentieren – mit einem spitzen Zahnarztbohrer.
Getestet, und für gut befunden
Die ersten Testobjekte, die er bearbeitete, waren Schülergeigen – und siehe da, der Klang veränderte sich, je nachdem, wo Schumann stach. Nach und nach entwickelte der Geigenbauer eine ganz eigene Methode der Akupunktur, nicht lange bleiben die Nadeln stecken, wie am Menschen, sondern kurz nur. Das Ziel ist, winzige Löcher im Holz zu hinterlassen. Diese brechen den Schall, der durch den Resonanzkörper läuft, wie ein Schilfrohr am Ufer eines Sees, das auf der Wasseroberfläche entlanglaufende Wellen teilt.
Mittlerweile hat Schumann seine Technik verfeinert. Zunächst klopft er den Korpus des Instruments mit einem Holzstöckchen ab. Auf der Seite der Bass-Saiten von Violinen, Celli oder Bratschen, klingen dann normalerweise die tiefen Töne, auf der Diskantseite die hohen Töne. Manchmal sind die Töne jedoch vertauscht, weil sich das Holz am Instrument minimal verzogen hat. Dann setzt Schumann die kleinen Einstiche, nur wenige Zehntel Millimeter groß. Auch an Schnecke, Steg oder Griffbrett kann er seine Korrekturen vornehmen.
Schon früher haben Geigenbauer und Musiker versucht, den Klang ihres Instruments zu verbessern. Robert Schumann soll seine Geige erwärmt, geknetet und massiert haben. Ob mit Erfolg, ist nicht überliefert.
Wissenschaftlicher Beweis erbracht
Dass die Löcher von Schumann den Klang tatsächlich verändern, ist jetzt aber wissenschaftlich bewiesen, durch Frequenzmessungen am Musikwissenschaftlichen Institut Hamburg. Die Frequenzbänder der im Labor vor und nach der Akupunktur vermessenen Instrumente wiesen minimale, aber eindeutige Veränderungen auf. Damit hat Schumann selbst die letzten Zweifler überzeugt.
Nun hat der Geigenbauer seinen Patientenkreis auch erweitert. Sogar Klaviere, Klarinetten und Harfen hat er mittlerweile akupunktiert. Seine nächsten Versuchsobjekte: Stereoboxen
Stand: 02.03.2007