Wenn die Bildung von Gruppen so sinnvoll und vorteilhaft ist, warum gibt es dann überhaupt noch einzeln lebende Tiere? Warum etwa jagen Löwen im Rudel, Tiger aber alleine? Welchen Vorteil haben Löwen von der gemeinsamen Jagd, bei der sie doch ihre Beute unter mehreren aufteilen müssen?
Eine wichtige Rolle spielt das Nahrungsangebot. Je weniger Futter vorhanden ist, desto weniger lohnt sich das Teilen. Wenn die Nahrung knapp ist, ist es günstiger, alleine auf die Jagd oder die Suche zu gehen, als eine ganze Gruppe mit durchfüttern zu müssen. Auch die Größe der Beute hat einen Einfluss: Wären Spitzmäuse die bevorzugte Beute von Hyänen, würden diese wohl kaum im Rudel jagen. Das Aufteilen der Beute würde vermutlich doch zu schwierig werden – für den Einzelnen fällt einfach zu wenig ab. Das gesellige Leben ist also nicht immer von Vorteil, sondern je nach Nahrungsangebot, Beute und Räuberdruck sinnvoll oder nicht.
Wald fördert Einzelgänger
Ein weiterer Aspekt ist die räumliche Verteilung der Nahrung: In weiten, offenen Landschaften ist sie meist unregelmäßig verteilt. Säugetiere, die in der Savanne leben, schließen sich daher oft zu Gruppen zusammen, denn zu mehreren können die Tiere die Landschaft besser nach Futter absuchen. Sobald eines der Gruppenmitglieder Futter gefunden hat, profitiert dann die ganze Sippe davon. Je größer das Terrain ist, in dem die Nahrung gesucht wird, desto schwieriger ist es auch gegen Konkurrenten zu verteidigen. Auch dann zahlt sich eine Gruppe aus. Waldbewohner dagegen sind häufiger Einzelgänger. Denn Nahrungsquellen sind hier gleichmäßiger verteilt und leichter zu finden. Daher streifen auch Tiger im Regelfall allein durch die Wälder.
„Gemeinsam sind wir sicherer“ gilt zwar vor allem für die potenziellen Beutetiere, aber nicht immer. Natürlich kann sich eine Herde besser verteidigen als ein Einzeltier und viele Raubtiere lassen sich so leichter abschrecken. Eine große Gruppe kann aber auch die Aufmerksamkeit des Räubers auf sich ziehen, wo ein einzelnes Tier noch unbemerkt geblieben wäre. Eine Horde von 500 Chamäleons etwa würde wohl trotz bestens an die Umgebung angepasster Körperfarbe kaum einem Fressfeind entgehen. Eine Gruppe kann aber auch schützen. In einem Fischschwarm, der von einem Hai angegriffen wird, versucht jeder Fisch, sich möglichst schnell zu entfernen. Der Angreifer kann die durcheinanderwirbelnden Fische optisch nicht mehr auflösen, es wird schwieriger, sich einen Fisch gezielt zu fassen.
Nadja Podbregar / Kerstin Fels
Stand: 30.08.2013