
Alles Fiktion sollte man meinen, im „wahren“ Leben ist doch menschlicher Kannibalismus heute kein Thema mehr. Aber weit gefehlt, Berichte über Kannibalismus gibt es immer wieder und sie stammen aus der ganzen Welt. Wieweit man den reisserischen Geschichten in den Zeitungen und Magazinen allerdings tatsächlich Glauben schenken kann, sei dahin gestellt. Meist beruhen die als „authentisch“ angekündigten Geschichten nicht auf Augenzeugenberichten sondern auf Legenden oder dem Hörensagen.
Unumstritten unter Wissenschaftlern ist allerdings wohl die Tatsache, dass einige Indianerstämme – beispielsweise im tropischen Regenwald Mittel- und Südamerikas oder auf Neuguinea – hin und wieder Menschen mit mehr oder minder viel Genuss verspeisen. Und dies ohne ethische Probleme, gehört dieses Ritual doch seit langer Zeit schon zum normalen Verhaltenskodex der Menschen.
Endo- und Exokannibalen
Wissenschaftler unterscheiden dabei zwischen dem Endokannibalismus, bei dem Verwandte aus der eigenen Sippe nach ihrem – natürlichen – Tod gegessen werden, und dem Exokannibalismus, der sich ausschließlich gegen Feinde aller Art richtet. Ernährungsaspekte spielen beim menschlichen Kannibalismus, der sich fast ausschließlich gegen Erwachsene richtet, eher eine untergeordnete Rolle. Selbst Exokannibalen gehen in Hungerzeiten nicht gezielt auf Menschenjagd, die verspeisten Toten sind eher kulinarische „Abfallprodukte“ normaler kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen.
Ausschlaggebend für die Menschenfresserei sind eher religiöse Aspekte. Manche Stämmen versprechen sich von der Schlemmerei unter Artgenossen, Körper und Geist der Toten zu erhalten, andere betreiben Kannibalismus aus genau entgegengesetzten Gründen. Sie wollen die Geister von Verstorbenen auf diese Art und Weise vom eigenen Dorf fernhalten.