Astronomie/Kosmologie

Alles verschlingende Objekte

Von "Dunklen Sternen" zur Singularität

„Wenn der Radius einer Kugel von der gleichen Dichte wie die Sonne den der Sonne in einem Verhältnis von 500 zu 1 überstiege, hätte ein Körper, der auf sie zu fiele, eine höhere Geschwindigkeit als die des Lichts erlangt. Folglich würde alles von einem solchen Körper abgegebene Licht zu ihm zurückkehren“, schreibt John Michell vom Queens College in Cambridge im Jahr 1783 in einem Brief an die Royal Society in London.

"Dunkler Stern"
Ein kosmisches Objekt, das so schwer ist, dass es selbst das Licht einfängt – so beschrieb John Michell schon vor gut 200 Jahren seine Vorstellung eines „dunklen Sterns“. © titoOnz/ Getty images

Michell und der „Dunkle Stern“

Der englische Naturforscher und Geistliche ist gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein gefragter Mann im britischen Wissenschaftsbetrieb. Wie viele andere Forscher seiner Zeit hat Michell ein breitgefächertes Interessenspektrum: Er entwickelt eine Theorie zur Entstehung von Erdbeben, entdeckt das Gesetz des inversen Quadrats für den Magnetismus und ist ein Meister in der Herstellung von Teleskopen. Am meisten aber interessiert sich Michell für die eigenartige, anscheinend allgegenwärtige Kraft, deren Beschreibung rund 100 Jahre zuvor die Physik revolutioniert hat: die Gravitation.

Michell ist besessen von der Anziehungskraft. Er erfindet eine Vorrichtung zur Messung der Gravitationskonstanten, der fundamentalen Größe im Newtonschen Gravitationsgesetz, und führt Unregelmäßigkeiten in der Helligkeit mancher Sterne auf Doppelsternsysteme zurück, also auf Sterne, die sich unter dem Einfluss wechselseitiger Gravitation gegenseitig umkreisen. Doch die Idee eines „Dunklen Sterns“ – eines Objekts, das, wie in Michells Brief beschrieben, so schwer ist, dass sich selbst das Licht seiner Anziehungskraft ergeben muss – ist für seine Zeitgenossen noch unvorstellbar.

Unendlich dicht und schwer

Inzwischen weiß man, dass Schwarze Löcher, wie man diese extremen Objekte des Universums heute nennt, weit mehr sind als bloße Fantasie. „John Michell war definitiv ein Vorreiter auf diesem Gebiet“, sagt Lotte Mertens vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) in Dresden. „Seine Arbeit sollte in der Geschichte der Physik mehr Erwähnung finden.“ Die Niederländerin forscht an Schwarzen Löchern, wenn auch aus einer bemerkenswerten Perspektive – denn eigentlich ist sie als Quantenmechanikerin in der Welt der Atome, Quarks und Elektronen zuhause.

„Ich arbeite gerne an Schwarzen Löchern, denn die extreme Physik und die vielen ungelösten Probleme, die sie umgeben, faszinieren mich sehr“. Schwarze Löcher, sagt Mertens, regten zum Träumen an. Die rätselhaften Objekte entstehen, wenn sich eine sehr große Masse auf einen sehr kleinen Raum zusammenzieht. Dies kann etwa im Zusammenhang von Supernovae geschehen. Ist der in einer solchen Sternexplosion kollabierende Stern massereich genug, entsteht aus ihm ein Schwarzes Loch.

Ein solches Schwarzes Loch, so die Relativitätstheorie, verformt die Raumzeit so stark, dass ihre Krümmung am Mittelpunkt des schwarzen Lochs unendlich groß ist – das bedeutet unendliche Dichte und unendliche Gravitationskraft: Hier, in der sogenannten Singularität, versagt die klassische Physik.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Schwarze Löcher: Kein Entrinnen?
Der Hawking-Strahlung auf der Spur

Alles verschlingende Objekte
Von "Dunklen Sternen" zur Singularität

Schwarzschild, Kerr und M87*
Von der theoretischen Beschreibung zum ersten Foto

Quantenfluktuationen am Ereignishorizont
Das Phänomen der Hawking-Strahlung

Teilchenketten statt Ereignishorizont
Suche nach der Hawking-Strahlung im Labor

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