Ökologie

Allesfresser und Katastrophengewinnler

In der Ernährung ist Vielfalt ist Trumpf

Pilze haben gegenüber den Pflanzen einen entscheidenden Vorteil: Sie brauchen kein Licht. Stattdessen gewinnen sie ihre Energie und Nährstoffe aus organischem Material. Sie zehren quasi von dem, was andere Organismen – seien es Pflanzen oder Tiere – bereits vorbereitet haben. Und nicht nur das, sie sind zudem auch noch „Allesfresser“.

Zahlreiche Pilze, wie hier Phialophora, verursachen gefährliche Erkrankungen beim Menschen © CDC

Alles, hauptsache organisch

Es gibt kaum eine Ernährungsweise, die Pilze nicht nutzen: Sie besiedeln lebende und tote Pflanzenteile, leben als Flechten in enger Gemeinschaft mit Algen oder profitieren als Parasiten von den Stoffwechselprodukten verschiedenster Tiere. Auch vor dem Menschen machen sie nicht halt, wie der leidige Fußpilz oder auch gefährliche, durch Pilze verursachte Formen der Lungenentzündung zeigen.

Im botanischen Museum im australischen Canberra sprossen Pilze sogar in einem tiefgekühlten Ausstellungsraum für subantarktische Pflanzen, in dem es nicht nur ziemlich kalt war, sondern der auch nicht viel Nahrhaftes zu bieten hatte. Doch die Pilze wurden dennoch fündig, denn sie wachsen überall dort, wo es etwas Organisches zu zersetzen gibt – egal, wo, wie und in welcher Form. Die nur allzu häufig auftretenden Schimmelpilze an der Badezimmerwand oder auf der Brotscheibe zeugen von ihrer enormen Anpassungsfähigkeit und Überlebenskunst.

Eine urzeitliche Katastrophe mit pilzreichem Nachspiel

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Pilze möglicherweise sogar für kurze Zeit, nach der urzeitlichen Katastrophe, die die Dinosaurier aussterben ließ, die Erde dominierten. Der gewaltige Meteoriteneinschlag am Ende der Kreidezeit, vor 65 Millionen Jahren, hinterließ weltweit verbrannte, zerstörte Landschaften und vernichtete einen Großteil aller irdischen Pflanzen- und Tierarten. Staub und Gase des Einschlags hüllten die gesamte Erde für mehrere Monate in Dunkelheit.

Totes Holz ist die Leibspeise vieler Pilzarten, sie profitieren daher auch von Katastrophen wie Stürmen oder einem Meteoriteneinschlag. © Harald Frater

Doch das alles störte eine Organismengruppe überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Denn für die Pilze waren die Holzreste toter Bäume, die Kadaver toter Tiere und die welken Relikte abgestorbener Pflanzen geradezu ein Schlaraffenland. Ihrer Fressfeinde und Konkurrenz beraubt, konnten sie sich ungestört und in Massen ausbreiten. Davon zeugen noch heute Ablagerungen aus jener Zeit: Vivi Vajda, Spezialistin für urzeitliche Pollen und Sporen von der schwedischen Universität Lund, hat solche Ablagerungen in Neuseeland untersucht.

Das Ergebnis: Die acht Zentimeter unterhalb der K/T-Grenze, die den Meteoriteneinschlag markiert, waren noch prall gefüllt mit verschiedensten Pflanzenrelikten der späten Kreidezeit. Doch dann folgte der Einschnitt: Plötzlich waren alle Pollen verschwunden. Übrig blieb eine vier Millimeter dicke Schicht, in der nur noch Pilzsporen und zerbrochene Relikte von Pilzfäden zu finden waren.

„Für einige Zeit nach dem Impakt regierten die Pilze die Erde“, so Vajdas Schlussfolgerung. Allerdings sollte diese Herrschaft nicht sonderlich lange dauern: Schon nach wenigen Monaten lichtete sich der Dunstschleier in der Atmosphäre und das Licht, und damit auch die Pflanzen kehrten zurück. Aber immerhin eines zeigt diese Episode der Erdgeschichte sehr deutlich: Pilze sind echte Überlebenskünstler – auch heute noch.

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Stand: 19.10.2007

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die wundersame Welt der Pilze
Überlebenskünstler im Verborgenen

Allesfresser und Katastrophengewinnler
In der Ernährung ist Vielfalt ist Trumpf

Die Strahlenfresser von Tschernobyl
Radioaktivität als Energiequelle

Feenringe und Bakterien-Autobahnen
Das Geheimnis des Pilz-Wachstums

Blauwal im Untergrund
Der Riesenpilz von Crystal Falls

Das Rätsel des Riesenstamms
Das größte Landgewächs im Devon

Feuerpilze und Sporenschleudern
Überleben und Ausbreiten durch Pilzsporen

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