Während Unterseeboote schon seit Jahrzehnten mit Strom angetrieben werden, war der Elektroantrieb für Schiffe bislang eher eine Randerscheinung. Neu ist die Idee, ein Schiff mit Elektromotoren zu betreiben allerdings nicht – im Gegenteil.
Die frühen Pioniere
Das erste Elektroboot der Welt schipperte schon 1839 in Sankt Petersburg durch die Kanäle. Der preußische Ingenieur Moritz Hermann von Jacobi hatte dafür einen Elektromotor entwickelt, der seinen Strom aus 320 plattenförmigen Zinkbatterien bezog. Das umgerüstete Ruderboot erreichte damit gemächliche 2,5 Stundenkilometer und konnte ein Dutzend Passagiere befördern.
Einen weiteren Vorreiter der Elektro-Schifffahrt findet man bis heute auf dem Königsee in Bayern. Denn hier sind seit mehr als 90 Jahren Elektrofähren unterwegs. Im Jahr 1909 wurden die ersten dieser leisen Kähne in den Dienst gestellt. Der Legende nach wollte der damalige Prinzregent Luitpold keine lärmenden Dieselschiffe auf „seinem “ See, weil sie das Wild in seinem Jagdrevier verscheucht hätten.
Aufbruchsstimmung in der Schifffahrt
Trotz dieser frühen Pioniere blieb die Elektro-Schifffahrt bisher eher eine exotische Nische, bestenfalls etwas für Liebhaber. Ähnlich wie bei den Elektroautos fehlte es an der passenden Technik für Akkus und Ladestationen – und auch am Willen der Reedereien. Doch inzwischen hat sich dies geändert. Denn in Zeiten steigender Treibstoffpreise und immer strengerer Umweltauflagen beginnt sich die schwimmende Elektromobilität zu lohnen.
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Und die Branche reagiert: Sowohl finnische als auch dänische Reedereien haben in diesem Jahr bereits Aufträge für große elektrobetriebene Autofähren vergeben. Die dänischen Fähren werden die Strecke zwischen Helsingör und Helsingborg abdecken und könnten bei ihrer Fertigstellung die größten elektrischen Autofähren der Welt sein. Kanada hat in diesem Sommer ihr größtes elektrisches Passagierboot auf Kanalkreuzfahrt geschickt und sogar in Indien verkehrt inzwischen eine Solarfähre.
Sogar Militär und Behörden beginnen langsam umzudenken: Die niederländische Marine hat bereits drei Hybrid-Schlepper im Einsatz, die bis zu eine Stunde lang rein elektrisch fahren können. In Italien hat die Marine ein Patrouillenboot in Auftrag gegeben, das wahlweise von einer Gasturbine, einem dieselelektrischen Motor und einem Elektromotor angetrieben werden kann.
Klimafreundlich und sogar profitabel
Vorreiter Norwegen will sogar einen großen Teil der Schifffahrt entlang seiner Küsten auf emissionsärmere Technologien umstellen – als Teil seines Klimaschutzprogramms. Das soll helfen, das Reduktionsziel von 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß zu erreichen. Die Voraussetzungen sind dafür günstig: Erst kürzlich ergab eine Studie, dass es zumindest in Norwegen nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch erheblich profitabler wäre, wenn die meisten Fährstrecken auf Elektro- oder Hybridantrieb umgerüstet würden.
Reine Elektroschiffe rentieren sich demnach vor allem auf Kurzstrecken mit weniger als 35 Minuten Fahrzeit. Bei längeren Strecken sind dagegen Hybridfähren günstiger – weil sie schneller fahren können. Würde Norwegen 61 seiner 111 Fährverbindungen komplett auf Stromantrieb umstellen und 32 Routen auf Diesel-Elektro-Kombinationen, könnte das Land 77 Millionen Euro im Jahr sparen – und neun Prozent seiner heutigen CO2-Emissionen.
Weiteres Einsparpotenzial ergibt sich auch in der Fischerei: In Tromsø ist seit Anfang des Jahres der erste elektrische Fischkutter unterwegs. Die „Karoline“ hat in ihrem ersten Betriebsmonat 80 Prozent weniger Diesel verbraucht als herkömmliche Fischerboote.
Nadja Podbregar
Stand: 07.10.2016