Um die Internetsucht zu behandeln, fehlten bisher spezielle Therapiekonzepte, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. In der Praxis werden daher die gleichen verhaltenstherapeutischen Ansätze angewendet, die sich in der Therapie anderer Süchte bewährt haben.
Therapie eröffnet neue Handlungs-Spielräume
„Allerdings kommt es bei der Behandlung von Internetabhängigen darauf an, nicht nur das Suchtverhalten weg zu therapieren“, gibt Bert te Wildt zu bedenken. „Eine Befreiung aus der Abhängigkeit im Cyberspace gelingt nur dann, wenn sich die Patienten alternative Handlungsspielräume erschließen, in denen positive Erlebnisse und auch Erfolge in der realen Welt zu erreichen sind.“
In der Medienambulanz der LWL-Universitätsklinik in Bochum durchlaufen Betroffene eine Gruppentherapie, welche zunächst darauf abzielt, das Suchtverhalten zu vermindern oder zu stoppen und neue Handlungsspielräume zu eröffnen. In der anfänglichen Entzugsphase geht es um möglichst konkrete Verhaltensänderungen.
Computer gegen Internetsucht?
Langfristig bedürfen die Patienten in der Regel auch einer weiterführenden Psychotherapie. Diese berücksichtigt die tiefer liegende Psychopathologie, wirkt einer Suchtverschiebung entgegen und soll die Lebensqualität dauerhaft verbessern. Dafür werden tiefenpsychologische Therapieverfahren angewendet.
In der Therapie der Medienambulanz sollen in Zukunft auch Computer und Internet zum Einsatz kommen. Kontraproduktiv? „Es ist wenig hilfreich, negative und positive Wirkungen der neuen digitalen Medien gegeneinander auszuspielen“, sagt Bert te Wildt. „Wir wollen die Menschen dort abholen, wo sie sich die meiste Zeit ihres Lebens aufhalten, nämlich im Internet. Es geht darum, mithilfe eines integrativen Ansatzes die neuen bahnbrechenden Technologien dahin zu führen, dass sie dem Menschen dienen und nicht umgekehrt.“
RUBIN / Julia Weiler / Ruhr-Universität Bochum
Stand: 14.11.2014