Die neurotoxische Wirkung des Metalls, die sich an den Dialyse-Patienten zeigte, führte zu einer besorgniserregenden Vermutung: Kann Aluminium Demenzen wie Alzheimer fördern? Ist es womöglich eine schleichende Vergiftung mit diesem omnipräsenten Stoff, die immer mehr Menschen an der neurodegenerativen Störung erkranken lässt?
Zumindest bei Tierversuchen schien sich dieser Verdacht zu bestätigen. Wurde Tieren Aluminium injiziert oder über die Nahrung verabreicht, kam es bei ihnen zu Gedächtnisstörungen und zu den für die Alzheimer-Erkrankung typischen Veränderungen innerhalb der Nervenzellen. Weitere Hinweise lieferten Forscher, die einen Blick in das Gehirn verstorbener Patienten warfen – und in den kranken Hirnregionen auffällige Ansammlungen von Aluminium fanden.
Ein ungewöhnlicher Patient
So auch Christopher Exley von der Keele University in Newcastle-under-Lyme: Der Biologe hatte es vor einigen Jahren mit einem relativ jung an Alzheimer verstorbenen Mann zu tun. Der Betroffene aus dem Nordosten Englands war im Alter von 58 Jahren mit dieser Form der Demenz diagnostiziert worden und schon mit 66 Jahren daran gestorben. Ein ungewöhnlicher Patient, betrifft die Erkrankung in der Regel doch erst Menschen ab 65.
Exley und seine Kollegen wollten die Sache nicht auf sich beruhen lassen und machten sich auf die Suche nach einer möglichen Erklärung für den seltenen Fall. Dabei nahmen sie 20 Gramm Hirngewebe aus 49 unterschiedlichen Teilen des Gehirns des Toten unter die Lupe und führten damit die bis dato umfangreichste Untersuchung dieser Art durch.
Aluminium im Gehirn
Es zeigte sich: Der Gehalt an Aluminium im Hirn des Verstorbenen war mit durchschnittlich 2,98 Mikrogramm pro Gramm Trockengewicht tatsächlich viermal so hoch wie bei einem Kontrollgehirn eines etwa Gleichaltrigen.
Schnell war ein Zusammenhang zu der Arbeitsstelle des Mannes hergestellt: Bei seinem Job war dieser jahrelang einem Aluminium-Sulfat-Staub ausgesetzt gewesen, der über die Nase oder die Lunge leicht in seinen Körper hätte gelangen können. Für Wissenschaftler wie Exley liegt angesichts solcher Befunde auf der Hand, dass es einen Zusammenhang zwischen Aluminium und der Entstehung von Alzheimer gibt.
Zusammenhang unklar
Doch das sieht längst nicht jeder so. Denn nach wie vor gibt es keinen eindeutigen Beweis für eine direkte Ursache-Wirkung-Beziehung. So fanden andere Studien keine erhöhten Aluminiummengen bei Alzheimer-Patienten. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass die Anlagerung von Giftstoffen in den Nervenzellen zwar ein Symptom der Erkrankung ist, nicht aber ihre Ursache.
„Der gestiegene Aluminiumgehalt muss keine Rolle in der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit spielen, sondern könnte auch eine Konsequenz sein“, schreibt die Initiative Alzheimer Forschung. Denn neben Aluminium entdeckten Forscher bei manchen Untersuchungen auch vermehrt Kupfer und Quecksilber im Gehirn von Betroffenen. Endgültig klären könnten die Frage nach dem Risiko nur aussagekräftigere klinische Studien. Doch an denen fehlt es bislang.
Daniela Albat
Stand: 19.01.2018