Vor gut 74.000 Jahren hat eine Naturkatastrophe nicht nur die Menschheitsgeschichte geprägt, sie hätte sie auch um ein Haar komplett beendet. Die Ursache für die Katastrophe war der Ausbruch des Supervulkans Toba auf der Insel Sumatra in Indonesien. Die Eruption schleuderte so große Mengen Asche und Staub in die Atmosphäre, dass sich die Sonne für Jahre verdunkelte. Das in dieser Phase ohnehin sehr kühle Klima verschärfte sich, es wurde sehr kalt und trocken. Bis zu sechs Jahre könnte dieser vulkanische Winter angehalten haben – mit fatalen Folgen für die Menschheit.
„Viele lokale Populationen starben aus. Die Menschen, die überlebten, lebten alle in Afrika, nahe am Äquator, in drei noch relativ warmen und feuchten Regionen“, erklärt Stanley Ambrose, Professor für Anthropologie an der Universität von Illinois. „Alle heutigen Menschen lassen sich genetisch bis zu diesen drei Linien zurückverfolgen.“
Menschheit „unter der Nachweisgrenze“
Die gesamte Population bestand damals aus nur noch rund 30.000 Menschen, so schätzt der Forscher. Aus dieser Zeit gibt es kaum archäologische Spuren, die Menschheit sank gewissermaßen fast unter die Nachweisgrenze. Selbst als die schlimmste Kälte bereits wieder nachgelassen hatte, dauerte es noch sehr lange, bis die kleinen Gruppen langsam wieder anwuchsen. Erst rund 10.000 Jahre später finden sich wieder Relikte von urzeitlichen Menschengruppen. Sie breiteten sich dann ganz allmählich wieder aus, ausgehend von den drei Hauptrefugien am Äquator, und besiedelten nach und nach auch Gebiete außerhalb Afrikas.
„Eine dieser Linien ist der Ursprung der Völker, die heute im Gebiet des Indischen Ozeans leben. Die zweite Linie, die Vorfahren der südlichen Australasischen Völkergruppe, könnte Afrika vor rund 60.000 Jahren verlassen haben“, erklärt Ambrose. „Und die dritte Gruppe, die ich als die nördlichen Eurasier bezeichne, wählte wahrscheinlich vor 50.000 Jahren eine Route über Nordafrika und das Horn von Afrika nach Norden.“
Überlebende als Konkurrenten für den Neandertaler
Diese Gruppe war es auch, die sich einige tausend Jahre später gegen den Neandertaler durchsetzte, einen „Vetter“ der heutigen Menschen, der vor rund 35.000 Jahren ausstarb. Nach Ansicht von Ambrose spielte hierbei, ebenso wie beim generellen Überleben des vorzeitlichen, modernen Homo sapiens, die Kooperation eine entscheidende Rolle. „Die Cro-Magnon-Menschen lebten anfangs in den offenen Savannen und Wüsten Afrikas, in Gebieten, in denen die Ressourcen sehr unberechenbar und unregelmäßig verteilt waren. Sie überlebten, weil sie kooperierten“, erklärt der Wissenschaftler.
Die schwierigen Bedingungen nach der Katastrophe ließen sich nur überleben, wenn alle zusammenarbeiten – auch mit Fremden. „ Die Neandertaler dagegen lebten in Gruppen mit hoher Solidarität untereinander, aber einer sehr feindseligen, territorialen Haltung gegenüber anderen Gruppen“, so Ambroses Theorie. Sie könnten damit letztlich der Konkurrenz durch den modernen, effektiv kooperierenden Menschen nicht gewachsen gewesen sein – und starben aus.
Stand: 03.04.2009