Die Reise verläuft zunächst ohne größere Probleme, doch Ende des Jahres 1271 stehen sie vor einem schier unüberwindbaren Hindernis. Das unwirtliche und zerklüftete Pamirgebirge türmt sich vor ihnen auf. Die Polos beschließen, den Winter abzuwarten und verbringen einige Monate am Fuße des Gebirges. Zu Beginn des Jahres 1272 gelingt die Überquerung der gewaltigen Bergkette innerhalb von mehreren Wochen. Das Panorama auf den steilen Gebirgspfaden ist genauso atemberaubend wie die Strapazen, die Karawane mit allem Lebensnotwendigen heil über die Bergpässe zu bringen. Zwölf Tage dauert es allein, das riesige Hochtal, wo der Amu-Darja und zahlreiche Nebenflüsse des Indus entspringen, zu durchwandern. Tagelang treffen sie dabei auf ihren mühsamen Touren weder Mensch noch Tier.
Aber auch als sie die Schluchten des Pamir velassen haben, befinden sich die Reisenden noch nicht in Sicherheit. 40 Tage durch die menschenfeindliche, ausgedörrte Wüste stehen ihnen noch bevor, bis sie Kaschgar erreichen. Die Metropole mit den üppigen Weingärten und den gepflegten Feldern kommt ihnen dann wie eine Oase des Lebens in der Einöde vor. Mit Kaschgar lernen sie aber auch einen der wichtigsten Knotenpunkte der Seidenstraße, ein El Dorado für Kaufleute aus aller Welt kennen. Kostbare Gewürze, Porzellan, Schießpulver, natürlich Seide und andere exotische Güter werden von hier aus mithilfe von Handelskarawanen nach Vorderasien und Europa verschickt.
Trotzdem verlassen die Polos mit ihren Gefährten nach einiger Zeit des Ausruhens die pulsierende Oasenstadt und dringen weiter in Richtung Osten vor. Auf der Seidenstraße geht es lange Zeit am Rand der Wüste Takla Makan entlang. Das Klima dort ist mörderisch. Trotzdem kämpft sich die Karawane begleitet von Stürmen und anderen Launen des Wetters unter unsäglichen Strapazen Meter für Meter voran.
Irgendwann erreichen die Polos schließlich die wichtige Stadt Hotan. Hier fühlen sie sich gleich wie zu Hause. Neben Baumwollfeldern hat die Stadt riesige Lagerstätten für Smaragde und Jade zu bieten. Dieser Anblick lässt das Herz der Edelsteinhändler höher schlagen und sie decken sich reichlich mit den wertvollen Gütern ein.
In Zhangye schließlich, der nächsten Station ihrer Expedition, bleiben die Reisenden mehr als ein Jahr und treiben auch dort intensiven Handel. Sie haben jetzt zudem endgültig den Einflussbereich Kublai Khans erreicht. Bis zum Zentrum der Macht, nach Cambaluc, ist es aber noch ein weiter Weg. Der Großkhan – immer durch schnelle berittene Boten bestens über das Herannahen der Europäer informiert – hat ihnen sogar ein Ehrengeleit entgegen geschickt, um ihnen die letzten Wochen der Reise möglichst angenehm zu gestalten.
Kublai Khan weilt zu der Zeit aber nicht in Beijing, sondern hat sich in seinen 320 Kilometer nördlich der Hauptstadt gelegenen Sommerwohnsitz nach Shangtu zurückgezogen, dem legendären Xanadu. Dort kommt es im Jahre 1275 dann auch zum ersten Aufeinandertreffen der Polos mit dem mächtigen Mongolenfürsten. Als Marco Polo und seine Begleiter vor dem Herrscher demütig niederknien, haben sie eine beschwerliche dreieinhalbjährige Reise hinter sich und dabei mehr als 12.000 Kilometer zurückgelegt.
Der Großkhan empfängt die Fremden freundlich und mit allen Ehren. Schon bald nimmt er die Polos in sein Gefolge auf und stattet sie mit weitreichenden Privilegien aus. Besonders die beiden goldenen Täfelchen, die ihnen Kublai Khan überreicht, öffnen den Europäern fast überall Tür und Tor. Sie weisen die Verwaltungsbeamten in allen Regionen des Reiches an Marco Polo und seine Gefährten mit allem auszustatten, was sie für ihre Reisen und ihr Wohlbefinden benötigen.
Stand: 28.01.2002