Urameisen wie Gerontoformica cretacica hatten es schwer. Schon vor rund 100-130 Millionen Jahren lebten sie auf der Erde und mussten sich damals unter anderem mit mächtigen Dinosauriern herumschlagen. Da konnte es schon mal passieren, dass ein Ameisennest durch einen Dino-Tritt stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Doch den Insekten scheint dieser urzeitliche „Härtetest“ nicht geschadet zu haben. Ganz im Gegenteil. Ameisen sind sogar zu einem echten Erfolgsmodell der Natur geworden. Vermutlich mehrere zehntausend Arten gibt es heute weltweit– so genau weiß man das nicht.
Superorganismus demonstriert Sozialparasitismus
Immerhin sind mittlerweile einige der vielen Rätsel um die Ameisenstaaten mit zum Teil Hunderttausenden von Einwohnern gelöst. So ist seit einiger Zeit klar, dass die Staaten mit einem perfekten Straßennetz ausgestattet sind, die Tiere vor allem über Düfte kommunizieren und eine Arbeitsteilung praktizieren, wie sie im Tierreich ihres Gleichen sucht. Als so genannter „Superorganismus“ lösen sie selbst schwierigste Probleme wie Nestbau oder Futtersuche gemeinsam.
Während ihrer Arbeit sind die Wissenschaftler in den letzten Jahren aber auch noch auf ein anderes Phänomen gestoßen: die Sklaverei. Und die ist bei Ameisen viel häufiger als man vermuten könnte.
„Die Forscher kennen über 200 Arten bei denen das vorkommt und fanden heraus, dass diese unsympathische Methode, andere für sich auszunützen, innerhalb der Evolution der Ameisenfamilie mehr als zwanzigmal unabhängig voneinander entstanden ist. Einigen sozialparasitischen Arten gelingt es sogar, solch große Ameisenvölker, wie sie etwa in den Ameisenhaufen deutscher Wälder leben zu unterwerfen“, fasst der Buchautor und Journalist Michael Miersch in der „Welt“ den aktuellen Kenntnisstand zum Thema zusammen.
Sklaverei im Ameisenreich
Beispiele dafür findet man dabei auch in heimischen Gefilden. Ein alter Bekannter als Sklavenhalter ist beispielsweise die Große Kerbameise, die unlängst zum Insekt des Jahres 2011 gekürt worden ist. Die seltenen, im Durchschnitt sieben bis acht Millimeter großen Tiere nutzen einen perfiden Trick, um an die dringend benötigten „fremden“ Helfer zu kommen.
Junge Königinnen, die einen neuen Staat gründen wollen, ziehen dazu in die bereits bestehenden Nester anderer, friedlicher Ameisenarten ein und machen sie mit Duftstoffen in kürzester Zeit gefügig. Die so akquirierten Sklaven-Arbeiterinnen ziehen dann anschließend sogar die die erste Brut der neuen Regentin auf. Ein klarer Fall von feindlicher Übernahme.
Fazit: Wenn das eigene Überleben gefährdet ist, schrecken Ameisen vor nichts zurück. Der US-amerikanische Insektenforscher Edward O. Wilson und Bert Hölldobler von der Universität Würzburg – so etwas wie der „Papst“ der Ameisenkundler – kommen in ihrem Buch „Ameisen – Die Entdeckung einer faszinierenden Welt“ deshalb auch zu dem Schluss: „Mit ihren organisierten Bosheiten übertreffen sie bei weitem uns Menschen.“
Eine Beziehung der besonderen Art
Diese Einschätzung bestätigt auch ein anderes Beispiel. Dabei geht es um eine Beziehung der besonderen Art, die zwischen der Bohnenblattlaus Aphis fabae und bestimmten Ameisenarten existiert.
Dieter Lohmann
Stand: 15.04.2011