Schön waren sie nicht, die dicken, meist braunrot gefärbten Kröten mit der warzigen Haut und den großen Augen, die die australischen Regierung 1935 aus ihrer Heimat Venezuela ins Land „Down under“ importierte. Trotzdem wurden die knapp 100 Aga-Kröten zunächst von den Farmern mit großer Begeisterung empfangen. Die viel gepriesenen Insektenliebhaber sollten dabei helfen die gerade herrschende Maikäfer-Epidemie zu bekämpfen, die der australischen Landwirtschaft herbe Verluste bescherte.
Doch Bufo marinus entpuppte sich schnell als Wolf im Schafspelz. Nicht nur Maikäfer verspeiste die Kröte mit Genuss, auch viele kleine Wirbeltiere und harmlose Insekten fielen ihrem enormen Hunger zum Opfer. Sogar pflanzliche Kost verschmähte sie keineswegs. So war es kein Wunder, dass die Australier schon bald kein Maikäfer-Problem mehr hatten, sondern ein Aga-Kröten-Trauma.
Die bis zu zwei Kilogramm schweren Tiere vermehrten sich schnell – die Weibchen legen bis zu 300.000 Eier im Jahr – und entwickelten sich zu einer echten Plage. Den Aga-Kröten kam dabei zu Gute, dass sie aus ihrer Heimat ein perfektes körpereigenes Abwehrsystem für Krötenfresser mit nach Australien gebracht hatten. Die Giftdrüsen in der Haut machen sie für potentielle Feind nahezu unangreifbar.
Gefahr für Weltkulturerbe
Heute hat die Aga-Kröte große Teile des australischen Kontinents erobert und bedroht mittlerweile sogar den Kakadu-Nationalpark, der vor einiger Zeit von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt worden ist. Zwar hat die australische Regierung längst die Zeichen der Zeit erkannt, aber alle Versuche, die weitere Ausbreitung der Allesfresser zu verhindern, schlugen bislang fehl…
Die Aga-Kröte in Australien ist beileibe kein Einzelfall. Überall auf der Welt sorgen „Aliens“ aus der Tier- und Pflanzenwelt für Aufregung unter Wissenschaftlern und Umweltschützern. Die Argentinische Ameise beispielsweise hat sich an den Küsten von Italien bis Portugal eingenistet und bewohnt dort eine 6.000 Kilometer lange Superkolonie. Und auch Deutschland hat mit Exoten zu kämpfen. Hier sind es Waschbär oder Herkules-Staude, die sich explosionsartig vermehrt haben und mittlerweile flächendeckend über das Staatsgebiet verteilt sind – oftmals mit fatalen Folgen für die betroffenen Ökosysteme.
Die Tiere sind enorm Anpassungsfähig
Doch diese spektakulären Beispiele für pflanzliche und tierische Invasionen sind nur die Spitze eines Eisbergs. 3.000 Tierarten reisen nach Angaben von Wissenschaftlern täglich allein im Ballastwasser von Frachtern oder Luxuslinern von Kontinent zu Kontinent. Sind diese Neuankömmlinge dann mit Eigenschaften wie einer enormen Flexibilität, der Fähigkeit sich an die bestehenden Umweltbedingungen perfekt anzupassen und einer außerordentlichen Vermehrungsrate ausgerüstet, können sie eine Konkurrenz für die einheimischen Arten werden und diese aus ihren angestammten Lebensräumen verdrängen.
Nach Ansicht von Naturschutzorganisation wie „The World Conservation Union“ (IUCN) sind die Einwanderer aus einer anderen Welt mittlerweile so häufig und so gefährlich, dass sie nach der Zerstörung von Lebensräumen die größte Bedrohung der Artenvielfalt auf der Erde darstellen.
Ein Abflauen dieser Überschwemmung heimischer Ökosysteme ist noch längst nicht in Sicht. Im Gegenteil: Invasionsbiologen glauben sogar, dass durch die immer stärkere Globalisierung und die prognostizierte Klimaerwärmung in Zukunft noch mehr Tiere und Pflanzen in neue Lebensräume vordringen werden.
Stand: 22.12.2002