Schon Mitte der 60er Jahre als die Stimulanzien noch in ihrer Blütezeit standen, hatten die Dopingsünder längst eine neue Stoffklasse für sich entdeckt, die Anabolika. Erste Experimente mit diesen muskelaufbauenden Mitteln fanden bereits in den 50er Jahren in den USA und der damaligen Sowjetunion statt. Mehr als 20 Jahre dominierten die Anabolika anschließend die Dopingszene im Sport. Auch nachdem die Dopingfahnder endlich eine Nachweismöglichkeit gefunden hatten, reichte ein rechtzeitiges Absetzen der Mittel vor dem Wettkampf – circa 14 Tage vorher – um die Kontrollen zu unterlaufen.
Erst nach dem Dopingfall Ben Johnson bei den Olympischen Spielen in Seoul 1988 erhielt die Anabolikabekämpfung einen neuen Schub. Nach und nach wurden in vielen Sportarten Trainingskontrollen – in der Regel unangemeldet – eingeführt, die einen Einnahmestopp vor der Probenabgabe verhinderten.
Der Anabolikamissbrauch ging danach deutlich zurück. Und mit ihm die Leistungen in Sportarten wie Leichtathletik und Schwimmen. Bestehende Weltrekorde werden seitdem oft nicht mehr annähernd erreicht und für Siege in der Leichtathletik oder beim Gewichtheben reichen heute meist deutlich geringere Weiten und Höhen als noch einige Jahre zuvor.
Leider gibt es noch immer einige Länder, in denen die Trainingskontrollen weder im notwendigen Umfang noch mit der erforderlichen Genauigkeit durchgeführt werden. Immer wieder genannt in diesem Zusammenhang: die Volksrepublik China. Deren Athleten traten denn auch nicht selten bei großen Wettkämpfen als Außenseiter an, gewannen mit phantastischen Leistungen und wurden anschließend nie wieder gesehen. Über den Zeiten, Weiten und Rekorden lastete deshalb immer ein „Dopingschatten“.
Einen wichtigen Fortschritt im Kampf gegen den Anabolikamissbrauch brachte die Antidoping-Konferenz des IOC im Jahr 1999. Seitdem sind Trainingskontrollen in allen olympischen Verbänden verbindlich vorgeschrieben. Es sah deshalb lange Zeit so aus, als würde die „Muskelpille“ langsam aber sicher aus dem Spitzensport verschwinden.
Stand: 20.08.2004