Das Problem bei Angststörungen ist, dass wir Angst vor ihr selbst bekommen können – das nennt man schlussfolgernd Phobophobie. Es entsteht ein Teufelskreis. Dies kann passieren, da unser Gehirn sehr leicht Ängste auf andere Situationen übertragen kann. Was eigentlich helfen soll, uns in immer neuen Gefahrensituationen zurechtzufinden, kann zu einer Störung werden.
Ignorieren, meiden oder konfrontieren?
Ist beispielsweise einmal eine Panikattacke in einem Aufzug ausgebrochen, entsteht im Folgenden die Furcht davor, dass die Angst in einer ähnlichen Situation sich wieder ereignen kann. Dann gibt es die drei Möglichkeiten: Es entsteht in einer ähnlichen Situation keine Panik und alles ist gut. Oder wir vermeiden diese Situationen erfolgreich. Oder aber durch die Angst vor solch einem Geschehen entsteht bereits die nächste Attacke. Dann kann die Angst zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden, die sich in immer mehr Situationen zeigt und der Alltag wird zu einer einzigen Flucht.
Obwohl solche Ängste eigentlich kaum zu ignorieren sind, vergehen oft Jahre, bis eine Angststörung diagnostiziert wird. Der Grund: Eine Panikstörung beginnt anfänglich oft aus heiterem Himmel und löst dann sehr schnell extreme körperliche Symptome aus. Dazu gehören Herzrasen, Herzschmerzen und Atemnot, bis zum Glauben, man müsse sterben, dass Betroffene denken, dass die Symptome von einer physischen Krankheit herrühren. Oft suchen die Leidtragenden in der Folge einen Arzt nach dem Anderen auf, ohne Erfolg, denn die Krankheit sitzt im Gehirn.
Das Zuviel und Zuwenig im Gehirn
Obwohl oft rational klar ist, dass keine Gefahr besteht, kommt es zur Panik. Aber wieso ist das Gehirn unterbewusst nicht in der Lage, eine ungefährliche Situation als harmlos zu erkennen, wenn das Bewusstsein dies schon lange weiß? Im Gehirn laufen bei einer Angststörung in der Regel zwei Dinge falsch: Die Amygdala läuft auf Hochtouren, der präfrontale Cortex hingegen fährt auf Sparflamme. Das heißt, dass das Angstzentrum unseres Unterbewusstseins unkontrolliert hyperaktiv ist und unserem Körper ständig das Signal schickt, er befinde sich in einer Gefahrensituation. Dass er das nicht ist, erkennt der präfrontale Cortex in dem Moment nicht und schickt der Amygdala so auch kein Signal, sich wieder zu beruhigen.
Eine Rolle spielen auch die zahlreichen Neurotransmitter im Gehirn, die in ein Ungleichgewicht raten. Zum einen kann bei einer bereits ängstlich angespannten Person schon ein kleines Zuviel oder Zuwenig die Panikattacke auslösen, aber auch Auslöser wie Traumata, chronischer Stress oder eine falsche Lebensstil kann die Anzahl an Neurotransmittern generell verändern. Bei Patienten mit Panikstörungen ist zum Beispiel der Angstlöser GABA reduziert.
Marie Ahrweiler