„Don Juan Pond ist der schönste Platz in der Antarktis. Wenn du hier arbeitest, wirst Du in den Bann geschlagen von den beiden großen Bergen, die diesen Ort im Norden und Süden einrahmen und ihm einen Hauch von Geborgenheit verleihen. Nachdem wir die Instrumente aufgebaut und ihre Arbeit überwacht hatten, war Zeit sich hinzusetzen und die Umgebung und den permanenten leisen Gesang des Windes zu bewundern. Die Ruhe, die der Don Juan Pond ausstrahlt, ist einzigartig. Sie wirkt wohltuend und beruhigend auf die Seele und macht den See zu einem wirklich magischen Platz“ – So beschreiben die Forscher um Vladimir Samarkin, Michael Madigan und Samantha Joye im Jahr 2010 in „Nature Geoscience“ ihre Eindrücke vom salzigsten Gewässer der Erde.
Kein Leben…
Die Biogeochemiker der Universität Georgia lassen aber während ihrer Expedition nicht nur das einzigartige antarktische Szenario auf sich wirken, sie führen auch handfeste wissenschaftliche Untersuchungen durch. Um Kontaminationen des Sees und seiner Umgebung mit fremden Organismen und Substanzen zu vermeiden, gehen die Forscher auf Nummer sicher und tragen bei ihrer Arbeit sterile Schutzanzüge und Masken. So ausgestattet ermitteln sie nicht nur die Gaszusammensetzung und –konzentration der Luft. Sie nehmen auch Wasser-, Boden- und Gesteinsproben, die zum Teil erst später in Laborexperimenten näher analysiert werden.
Und was die Wissenschaftler bei dieser Detektivarbeit herausfinden, hat es in sich. Denn im Gegensatz zu früheren Studien entdecken Joye & Co keinerlei Hinweise mehr auf Leben oder organische Stoffwechselprodukte im See. Offenbar hat ein Schrumpfen des Gewässers und ein damit verbundener weiterer Anstieg des Salzgehalts auch noch die letzten Organismen abgetötet.
…aber eine bisher unbekannte Lachgasquelle
Stattdessen stoßen die Forscher in ihren Proben jedoch auf ein ganz anderes, mindestens ebenso aufregendes Phänomen. Denn sie finden eindeutige Belege dafür, dass im See Distickstoffmonoxid, besser bekannt als Lachgas, entsteht. „Während wir keine ‚Biogase‘ wie Wasserstoffsulfid und Methan nachweisen konnten, maßen wir überraschenderweise hohe Konzentrationen von Distickstoffmonoxid, das normalerweise ein Indikator für mikrobielle Aktivität ist“, erklärt Joye.
Doch Mikroben sind ja nachweislich nicht mehr im See vertreten. Wie kann das also sein? Die Forscher stehen zunächst vor einem Rätsel. Offenbar hat sich das Lachgas im See bei bisher unbekannten chemischen Prozessen gebildet. Weitere Untersuchungen bestätigen schließlich diese Vermutung. „Was wir fanden war eine Reihe von Reaktionen zwischen der Salzlauge und dem Gestein, die eine Vielfalt von Produkten erzeugten, darunter auch Lachgas und Wasserstoff“, erklärt Joye.
Enorme Bedeutung für Klima- und Weltraumforschung
Nach Ansicht der amerikanischen Biochemiker könnte der neu identifizierte Prozess nicht nur am Don Juan Pond allgegenwärtig sein, sondern auch in vielen anderen Umgebungen der Erde. Dies sollen nun weitere Studien klären. Stimmt die These der Wissenschaftler, hätte dies möglicherweise ungeahnte Auswirkungen auf das irdische Klima und die globale Erwärmung. Denn Lachgas ist neben CO2 und Methan das wichtigste Treibhausgas in der Atmosphäre.
Die Entdeckung der bisher unbekannten Lachgasquelle ist aber auch für die Weltraumforschung von enormer Bedeutung. Denn sie könnte den Astronomen helfen, die Bedeutung von ähnlichen Laugentümpeln an einem Ort zu verstehen, der dem Don Juan Pond in vielerlei Hinsicht verblüffend ähnelt: dem Mars. Dort haben Raumsonden inzwischen kleine Mengen flüssigen Wassers knapp unter der Oberfläche entdeckt.
„Der neue Mechanismus […] könnte sowohl eine wichtige Komponente des Stickstoffkreislaufs auf dem Mars darstellen, als auch eine Treibstoffquelle [Wasserstoff], die die mikrobielle Chemosynthese unterstützt“, erklärt Joye. Wenn es denn tatsächlich Mikroben auf dem Mars geben sollte. Beweise dafür konnten die verschiedenen Missionen zum Roten Planeten bisher jedoch (noch) nicht liefern.
Dieter Lohmann
Stand: 11.02.2011