Nach viereinhalb Stunden war schon wieder alles vorbei. Um 07:05 Uhr Ortszeit hatte die Delta-IV Rakete ihre Triebwerke gezündet, um „Orion“ ins All zu bugsieren, 17 Minuten später schwebte das Test-Raumschiff der NASA in 200 Kilometern Höhe über der Erde. Dann der Belastungstest: Die Triebwerke feuerten noch einmal, Orion stieg auf 5.800 Kilometer – um dann mit über 30.000 Stundenkilometern wieder in die Erdatmosphäre einzudringen und sicher zu landen.
So kurz er war: Der Test der Orionkapsel Anfang Dezember 2014 und die folgende Begeisterung der Amerikaner über ihr bei diesem Flug noch unbemanntes Vehikel sagen viel über den gegenwärtigen Zustand der Raumfahrt. 5.800 Kilometer – weiter von der Erde entfernt war seit mehr als vier Jahrzehnten kein von Menschen gebautes Raumschiff, das potenziell Astronauten transportieren kann.
Apollo und dann – nichts mehr
Nach den mittlerweile legendären Apollo-Missionen der NASA zum Mond in den Jahren 1969 bis 1972 kam in Sachen bemannter Raumfahrt lange – nichts. Zumindest nicht, wenn es um Missionen ging, die sich nicht im erdnahen Orbit abspielen.
Szenenwechsel, Sommer 2014. Der Raum ist groß und nur spärlich beleuchtet vom Schimmern der Computermonitore. Vorne auf der Videoleinwand läuft ein Countdown. Drei. Zwei. Eins. Dann erscheint Alexander Gerst, dieser junge Mann, den man viele Male freundlich lächelnd in der Zeitung gesehen hat. Er trägt ein schwarzes Polo-Shirt. Gerst hantiert mit einer Digitalkamera. Er befindet sich 400 Kilometer über der Erde, im Columbus-Modul der Internationalen Raumstation ISS.
Bastelarbeiten auf der ISS
Für die nächsten 43 Minuten können ihm die Techniker hier im Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln jetzt live zusehen, ihm Anweisungen geben. Gerst hat die Füße in zwei Halteschlaufen gesteckt, um in der Schwerelosigkeit nicht davonzuschweben. Er verstaut die Kamera. Dann schiebt er einen kleinen, schwarzen Kasten in ein größeres, silbernes Gehäuse. Er rüttelt daran. Alles scheint stabil zu sein.
Gerst will schon weitermachen, da meldet sich ein Techniker im Kontrollzentrum. Da müsse noch eine Schraube festgezogen werden, spricht er ins Mikrofon. Gerst fängt an zu schrauben. In dem silbernen Gehäuse steckt ein Experiment, eines von Hunderten an Bord der ISS. Die Wissenschaftler nennen es EML. Das steht für Elektromagnetischer Levitator; es geht um Materialforschung. Die Details sind kompliziert. So kompliziert, dass nur wenige Menschen sie verstehen. Die meisten davon sind jetzt hier im Raum und überwachen Gersts Arbeit. Auch er ist kein Experte für diese speziellen Details.
Bastian Berbner / Helmholtz Perspektiven
Stand: 06.02.2015