Nicht nur an Land, auch vor der deutschen Küste ist der Klimawandel längst manifest – zumindest in Bezug auf gestiegene Temperaturen und deren Auswirkungen. So registrierten Meeresforscher eine starke Zunahme des Phytoplanktons, der einzelligen Algen. Dank der höheren Meerestemperaturen verlängerte sich ihre Wachstumssaison, sie begann früher und hielt deutlich länger an.
Während der Wintermonate, normalerweise eher eine Ruhephase für das Algenwachstum, stieg die Biomasse des Phytoplanktons sogar um 97 Prozent an. Als Reaktion auf das wärmere Wasser und das reichlichere Nahrungsangebot tauchte auch das Zooplankton, die in den oberen Wasserschichten lebenden einzelligen Tiere, im Frühjahr vier bis sechs Wochen früher auf.
Für viele Fische ist dieses erhöhte Nahrungsangebot im wahrsten Sinne des Wortes ein gefundenes Fressen, anderen jedoch wird es trotz reichlich Nahrung zu warm und sie wandern von den Küstengewässern ab Richtung Norden. Dafür kommen neue Meerestiere dazu, die vorher beispielsweise wegen zu kalter Winter an den deutschen Küsten nicht überleben konnten. Jetzt finden solche Invasoren dagegen beste Bedingungen vor.
Quallenalarm in der Ostsee
In der Ostsee entdeckten Wissenschaftler im Oktober 2006 beispielsweise erstmals Exemplare der eingewanderten Rippenqualle Mnemiopsis leidyi, die zuvor vor allem aus wärmeren Meeren wie dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer bekannt war. Die sich schnell ausbreitende Qualle ernährt sich unter anderem von Fischlarven und soll dadurch die Fischerträge im Schwarzen Meer innerhalb weniger Jahre auf ein Zehntel reduziert haben.
Die Forscher des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR, die die Rippenqualle aufspürten, befürchten nun eine Gefahr für die Fischbestände der Ostsee, sollte sich Mnemiopsis weiter vermehren. Schon Ende 2006 hatte ihre Dichte dank der milden Wassertemperaturen ein Drittel der Maximaldichte im Schwarzen Meer erreicht. Auch eine Ausbreitung in die Nordsee sei zu befürchten, so die Wissenschaftler.
Fischflucht und –zuwanderung
In der Nordsee, das zeigt eine über zwölf Jahre laufende Langzeitstudie der Bundesforschungsanstalt für Fischerei, hat sich die Artenzusammensetzung ebenfalls bereits verschoben. Vor allem in den flacheren südlichen und südöstlichen Meeresteilen finden sich vermehrt Bodenfischarten aus wärmeren Gewässern, die sich vor allem dank der milderen Winter halten können. War zum Beispiel der Rote Knurrhahn zu Beginn der Untersuchungen extrem selten, so ist er jetzt regelmäßig in den Fängen vertreten.
Andere Fischarten dagegen, darunter der für die Fischerei so wichtige Kabeljau, flüchten vor der Wärme und weichen immer weiter nach Norden aus. Auch Miesmuscheln leiden unter den steigenden Wassertemperaturen: Ihre Dichte hat in den letzten zehn Jahren in der Nordsee stetig abgenommen. Untersuchungen zeigen, dass die milden Winter offenbar die Jungmuscheln vom Ansiedeln abhalten. Zudem wächst der Druck durch eingewanderte Arten wie die Pazifische Auster und die Pantoffelschnecke.
Stand: 26.09.2008