Wilderei, eingeschleppte Arten, Zerstörung von Lebensräumen, übermäßige Fischerei oder Jagd, Übernutzung der biologischen Ressourcen: Alle diese Faktoren haben in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass es in Südafrika viele Verlierer in der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt gegeben hat. Viele Spezies sind deshalb in ihrem Bestand bedroht oder drohen gar völlig aus Südafrika zu verschwinden. Doch das ist noch gar nichts gegen das, was der dortigen Fauna und Flora künftig drohen könnte: ein Massenaussterben aufgrund des Klimawandels.
Was das Klima betrifft, balanciert Südafrika schon seit langem auf Messers Schneide. In vielen Regionen ist es nahezu das ganze Jahr über trocken bis sehr trocken. Das Land wird zudem immer wieder von Dürren oder Überschwemmungen heimgesucht. Schon kleine Veränderungen bei der Menge an Regen oder den Temperaturen würden die Umweltbedingungen für die Tiere und Pflanzen in freier Natur noch weiter verschärfen. Und auch viele Nutzpflanzen werden in Gebieten angebaut, deren Klima für ein effektives Wachstum zurzeit gerade noch ausreicht – sowohl was die Hitze als auch was die Wasserversorgung betrifft.
Klima im Wandel
Dies könnte sich aufgrund des für Südafrika prognostizierten Klimawandels schon bald ändern. 1° bis 3°C mehr in den nächsten 50 Jahren, durchschnittlich zehn Prozent weniger Niederschläge, kaum noch Frost im Winter, dazu mehr Wetterextreme wie Starkregenfälle oder längere Dürren im Sommer: Dies sind nur ein paar der wichtigsten Klimagefahren, die die Simulationen für Südafrika in den nächsten 50 Jahren an die Wand malen.
An dieser Entwicklung ist Südafrika nicht unbeteiligt: Das Land ist nach wie vor der größte Treibhausgas-Emittent des afrikanischen Kontinents. Mit einem Ausstoß von knapp zehn Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr liegt es weit über dem weltweiten Länderdurchschnitt. Der Grund: Noch immer wird der Großteil des Strombedarfs über zum Teil veraltete Kohlekraftwerke produziert. Eine grundlegende Veränderung kann daher noch dauern.
Doch die Vorboten der künftigen Klimaentwicklung sind bereits da. Südafrika wird seit geraumer Zeit deutlich heißer. Dies sagt zumindest Professor Gay Mitchly vom Institut für Artenvielfalt in Kapstadt. „Wir haben im südlichen Afrika seit dreißig Jahren eine kontinuierliche Klimaerwärmung. Wenn man es auf monatlicher Basis analysiert, dann sind vier bis sechs Monate heute um zwei Grad wärmer als in den Siebzigerjahren.“, erklärt der Wissenschaftler Ende 2009 in einem Beitrag für die Tagesschau. Trockenperioden sind zudem heute deutlich länger und die Regensaison beginnt später als noch Ende der 1980er Jahre.
Arten in der Falle
Während die Tier- und Pflanzenwelt normalerweise auf Klimaänderungen beispielsweise mit Abwandern in günstigere Klimagefilde reagiert, ist dies in Südafrika aufgrund der geographischen Lage am südlichen Ende des afrikanischen Kontinents kaum möglich. Die Spezies könnten deshalb künftig in Lebensräumen festhängen, die zu heiß, zu trocken oder aus anderen Gründen für sie untauglich geworden sind. Alle Arten die sich nicht an die neuen Umweltbedingungen anpassen können, werden dann über kurz oder lang aussterben – so viel ist nach Ansicht vieler Wissenschaftler klar.
Einige der vermutlich besonders von dem Verlust der biologischen Vielfalt betroffenen Regionen in Südafrika sind bereits ansatzweise bekannt. So schreibt die Biologin Katrin Vohland im Gutachten „Biodiversität und Klimawandel“ auf der Internetseite „concervation & development“ der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ): „Direkt durch den Klimawandel besonders gefährdet sind die südafrikanischen Ökosysteme Fynbos und sukkulente Karoo, die nach Modellrechnungen über 50 Prozent ihres aktuellen Verbreitungsgebietes einbüßen werden […]. Auch von einigen Savannenbäumen ist bekannt, dass sie empfindlich auf extrem erhöhte Temperaturen reagieren […]“.
Hotspots der Biodiversität betroffen
Gerade die Fynbos- und die Karoo-Region sind aber besondere Hotspots der Artenvielfalt, in denen mehrere tausend endemische Pflanzenspezies leben. Würde nur ein Teil dieser Arten aussterben, wäre dies ein herber Rückschlag für die weltweite Biodiversität. So sieht es jedenfalls Jeffrey McNeely von der Weltnaturschutzunion (IUCN): „Mit jeder Art, die wir verlieren, reißt eine Kette des Lebens, die über 3,5 Milliarden Jahre gewachsen ist.“
Um in Zukunft zumindest einige der akut bedrohten südafrikanischen Arten retten zu können, plädieren verschiedene Forscher längst für eine „Nachhilfe zur Umsiedlung“. Bei dieser auch „assisted Migration“ genannten Methode werden Tiere oder Pflanzen vom Menschen aktiv in andere, sie weniger gefährdende Lebensräume umgesiedelt.
Nachhilfe zur Umsiedlung
„Es ist inzwischen extrem offensichtlich, dass der Klimawandel eine Realität ist und das er schnell und stark wirkt”, erklärt Jessica Hellmann von der University of Notre Dame, eine der Befürworterinnen dieser Strategie, „die Konsequenzen sind innerhalb von Jahrzehnten zu erwarten, nicht in Jahrhunderten. Daher scheint Handeln jetzt wichtiger als noch vor zehn Jahren […].“
Doch die „assisted Migration“ ist nicht unumstritten. Biologen fürchten nämlich, dass die ausgesiedelten die Tiere oder Pflanzen im neuen Lebensraum das ökologische Gleichgewicht empfindlich stören können – etwa indem sie beispielsweise einheimische Arten verdrängen oder sich zu stark vermehren.
Fazit
Die globale Erwärmung könnte Südafrikas Natur in Zukunft also entscheidend verändern. Ob der südlichste Zipfel des afrikanischen Kontinents auch am Ende des 21. Jahrhunderts noch ein Paradies für seltene und exotische Tiere und Pflanzen sein wird, erscheint heute daher mehr als fraglich…
Dieter Lohmann
Stand: 02.07.2010