Toxoplasma gondii ist ein Verwandter des Malaria-Erregers und weltweit verbreitet. Der Einzeller kann sich sexuell nur im Darm von Katzenartigen vermehren und bedient sich dabei der Hilfe von Mäusen und Ratten. Die Nager fressen die Eier des Parasiten, die etwa von Regenwürmern direkt aus dem Katzenkot aufgenommen wurden, und fungieren damit als Zwischenwirt: In ihnen schlüpft der Toxoplasma-Nachwuchs in Form sogenannter Sporozysten.
Wie aber gelangt der Parasit dann wieder in seinen Endwirt, die Katze? Natürlich durch Manipulation: Der Einzeller infiltriert das Gehirn der Nager und sorgt so dafür, dass sie ihre natürliche Scheu vor Katzen verlieren und sich sogar regelrecht von ihnen angezogen fühlen. Wie Forscher herausgefunden haben, aktiviert der Geruch von Katzenurin bei infizierten Tieren nicht mehr wie normalerweise üblich die Angstschaltkreise im Gehirn. Stattdessen werden benachbarte Schaltkreise aktiv, die sexuelle Anziehung vermitteln.
Zelle als trojanisches Pferd
Um in das Denkorgan der Nager zu gelangen, kapert der Erreger Immunzellen und bringt sie dazu, ihn versteckt wie in einem trojanischen Pferd durch den gesamten Körper zu schleusen anstatt ihn zu eliminieren: „Er macht sie zu willenlosen Zombies, die ihn bereitwillig bis ins Gehirn transportieren“, erläutert Antonio Barragan von der Universität Stockholm. Hat Toxoplasma mit der Hilfe seiner zellulären Opfer die Blut-Hirn-Schranke passiert, bildet er Zysten und kapselt sich dauerhaft im Gehirn der Tiere ein.
Doch nicht nur Mäuse und Ratten fallen Toxoplasma gondii zum Opfer – schätzungsweise jeder dritte bis jeder zweite Mensch trägt den Erreger ebenfalls in sich. Zunehmend zeichnet sich dabei ab, dass auch wir anfällig für Manipulationen durch den Parasiten sind. „T. gondii verändert auch das menschliche Verhalten und könnte sogar an schweren mentalen Störungen beteiligt sein“, erklären die Forscherinnen Joanne Webster und Shelley Adamo.
Verantwortlich für Schizophrenie?
So zeigen Studien unter anderem, dass infizierte junge Frauen häufiger Selbstmord begehen als andere und Toxoplasmose-Opfer zudem öfter in Verkehrsunfälle verwickelt sind – der Erreger scheint die Reaktionszeit zu verlangsamen. Auch Zusammenhänge mit einer erhöhten Risikobereitschaft werden inzwischen vermutet.
Darüber hinaus offenbaren Untersuchungen eine mögliche Verbindung zu psychischen und neurologischen Erkrankungen. Demnach könnte der Toxoplasmose-Erreger bei älteren Menschen Gedächtnisstörungen und Demenz fördern. Außerdem nehmen Forscher an, dass der Parasit eine Rolle bei der Entstehung von Depressionen und Schizophrenie spielt. Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 tragen immerhin drei von vier Patienten mit Schizophrenie Toxoplasma gondii in sich. Unter Gesunden ist es maximal jeder zweite.