Nicht überall auf der Welt kann die Schwerkraft direkt vor Ort bestimmt werden. In den unzugänglichen Wüsten Afrikas, den Dschungeln Südamerikas oder dem gebirgigen Himalaja wären Expeditionen zu den Messpunkten zu teuer oder schlicht nicht möglich. Daher modifizierten die Geophysiker und Vermessungsingenieure die Messtechnik ihrer Instrumente, der Gravimeter, so, dass sie auch von Flugzeugen aus die Erdschwere messen können.
Dabei müssen die Instrumente allerdings kompensieren, dass die Erdschwere mit der Höhe immer mehr abnimmt. Um die Schwere an der Erdoberfläche zu ermitteln, muss dieser Unterschied daher genau mit einkalkuliert werden. Inzwischen messen die Geräte jedoch so genau, dass sie sogar den Unterschied eines Schwerewertes auf dem Boden und auf Tischhöhe bestimmen können.
Zudem treten während des Fluges auch Störfaktoren auf, die die Messergebnisse verfälschen. Diese Messabweichungen durch Höhenunterschiede, Erschütterungen durch Luftturbulenzen und Veränderung des Neigungswinkels rechnen die modernen Messprogramme heute automatisch von dem Schwerewert ab. Hilfe erhalten sie dabei sowohl durch integrierte Fehleralgorithmen als auch durch die Navigationssatelliten des Global-Positioning-Systems (GPS). Diese übermitteln dem Empfänger an Bord des Flugzeuges im Sekundentakt seine exakte Lage in Höhenmetern sowie Breiten- und Längengraden.
Mit solchen fluggestützten Messungen zeichnen Geophysiker regionale Schwankungen in dem Schwerefeld der Erde exakt auf und können so die lokalen Daten in einen regionalen Zusammenhang einfügen.
CHICAGO liegt in Südamerika
Ein Beispiel dafür ist das Deutsch-Chilenische Projekt CHICAGO. In seinem Rahmen untersuchen Wissenschaftler an der chilenischen Küste das Abtauchen der Ostpazifischen Platte unter den Südamerikanischen Kontinent und die damit verbundene Entstehung der Anden. Da direkte Beobachtungen des Plattenverhaltens tief unter der Erdoberfläche nicht möglich sind, müssen die Forscher hier auf indirekte Daten – unter anderem von Schwerefeldmessungen zurückgreifen. Winzige lokale Schwankungen der Schwerkraft zeigen Dichteunterschiede der im Untergrund liegenden Gesteine an und helfen damit den Forschern nicht nur, die verschiedenen Schichten zu identifizieren, sondern damit auch die Krustenbewegung zu verfolgen.
Um eine Informationslücke an der Küstenlinie bei dem Übergang von Landgravimetrie zu Schiffsmessungen zu schließen, entschied sich das Wissenschaftler-Team unter Leitung des GeoForschungsZentrum Potsdams (GFZ) für Messungen mit der Fluggravimetrie. In der Planungsphase legte der Projektleiter Ulrich Meyer mit seinen Kollegen die Flugrouten und die zusätzlichen Messstationen auf dem Land fest. Die Auswertungen der Messdaten haben den Aufwand gerechtfertigt. Auf den Karten der Ergebnisse ist deutlich der Bereich negativer Erdschwere zu erkennen, der durch den dünnen Rand der Ozeanplatte dort entsteht, wo sie unter die Kontinentalplatte abtaucht.
Stand: 25.11.2005