Hypochondern wie mir könnten diese Erkenntnisse mehr Gewissheit verschaffen. Sollte also auch ich mir – im Sinne einer optimalen Prognose – Blut abnehmen lassen? Doch diesem Plan steht meine Spritzenphobie entgegen. Stattdessen erscheint mir auch ein Blick nach Düsseldorf interessant. Dort soll die „Deutsche Diabetes-Studie“ Grundlagen für bessere Vorhersagen liefern.
So penibel wie möglich beobachten Forscher des Deutschen Diabetes- Zentrums (DDZ) dazu rund 800 zuckerkranke Patienten. „Wir phänotypisieren“, sagt Hadi Al- Hasani vom Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie am DDZ. „Das heißt, wir messen alles, was wir für relevant halten.“ Die tomographische Untersuchungen, Blutanalysen und sogar Gewebeproben von Haut, Muskel und Fett dienen dabei vor allem einem Ziel: frühzeitig Hinweise auf die gefürchteten Spätfolgen der Zuckerkrankheit zu erkennen. Nierenschäden, Nervenzellverlust und Augenleiden zählen dazu.
Intervenieren bevor es teuer wird
„Erst wenn wir verstehen, warum einige Menschen bestimmte Spätkomplikationen entwickeln, andere aber nicht, können wir die Betroffenen frühzeitig identifizieren und mit geeigneten Interventionen davor bewahren, in das leidvolle – und teure – Stadium der Krankheit einzutreten“, sagt der Internist und Endokrinologe Michael Roden, der die Deutsche Diabetes-Studie und das Institut für Klinische Diabetologie am DDZ leitet. Darüber hinaus könnten die physiologischen Daten der 800 Diabetiker auch Biomarker zutage fördern, die Hinweise darauf liefern, ob sich ein noch nicht erkrankter Mensch auf dem Weg zum Diabetes befindet.
Wenn die 800 Diabetes-Patienten 100 verschiedene Wege zur Krankheit genommen haben, lässt sich der Einfluss einzelner Genvarianten oder Ernährungsbestandteile statistisch kaum noch erfassen. Al-Hasani und Roden möchten diese Zusammenhänge – wie auch ihre Kollegen in Potsdam – dennoch entschlüsseln. Am DDZ setzt man dabei unter anderem auf das sogenannte Clamp- Verfahren, mit dem die Insulin-Wirkung in einzelnen Zellen und Organen präzise bestimmt werden kann.
Diese Technik könnte helfen, verschiedene Formen des Diabetes zu unterscheiden und die Entstehung der Erkrankung sowie die Entwicklung von Spätfolgen besser zu verstehen. Etwa, warum
manche Patienten trotz relativ konstanter Blutzuckerwerte Nervenschäden erleiden.
Sascha Karberg / Leibniz Journal
Stand: 14.06.2013