Klima

Auf das Extrem kommt es an

Warum Hitze einfacher zuzuschreiben ist als Feuer oder Dürre

Für viele Extremereignisse kann die Attributionsforschung inzwischen relativ verlässlich abschätzen, wie groß der Einfluss des Klimawandels ist. Dabei gibt es je nach Art des Wetterextrems deutliche Unterschiede: Einige werden eindeutig und im hohen Maße vom Klimawandel gefördert, bei anderen ist die Abschätzung hingegen schwieriger und unsicherer.

Attribution
Wahrscheinlichkeit eines Klimawandeleinflusses auf verschiedene Wetterextreme. © IPCC/ 6. Sachstandsbericht Kapitel 11

Relativ eindeutig: Starkregen und Hitze

Ziemlich klar ist der Zusammenhang bei Starkregenfällen sowie bei Hitzewellen und Hitzerekorden. „Wir können mittlerweile sagen, dass quasi jede Hitzewelle durch den Klimawandel in ihrer Intensität verstärkt wurde“, sagt Jakob Zscheischler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. „Ein Verschieben der Temperaturverteilung hin zu höheren Temperaturen führt auch zu häufigeren und intensiveren Hitzewellen.“ Laut IPCC-Weltklimabericht sind Hitzewellen heute häufiger und im Schnitt 1,2 Grad heißer als sie vor Beginn des anthropogenen Klimawandels gewesen wären.

Allerdings kommt bei vielen länger anhaltenden Hitzewellen, wie dem Hitzesommer von 2018 in Mitteleuropa oder der ungewöhnlichen Wärmeperiode in Sibirien Anfang 2020, eine weitere Komponente hinzu: der Jetstream. Diese in rund zehn Kilometer Höhe um den Globus mäandrierende Wind-„Autobahn“ zeigt in den letzten Jahrzehnten größer werdende Wellenbewegungen, die zudem langsamer werden und manchmal längere Zeit ganz stagnieren. Dadurch bleiben Wetterlagen über einer Region länger als normal stabil und das wiederum begünstigt beispielsweise Phasen mit ungewöhnlich viel Sonne und hohen Temperaturen.

Welche Rolle der Klimawandel für dieses geänderte Verhalten des Jetstreams spielt, ist noch strittig. Einige Studien ergaben deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang, andere hingegen nicht. „Die Debatte innerhalb der Wissenschaft dazu, inwiefern sich der Klimawandel auf diese planetarischen Wellen und die Dynamik auswirkt, ist noch im Gange“, erklären Ben Clarke und Friederike Otto von der World Weather Attribution Initiative (WWAI).

Zusammenhang nur in bestimmten Regionen: Dürren

Zu den Wetterextremen, die schwieriger einzuschätzen sind, gehören Trockenperioden und Dürren, aber auch Waldbrände. Dies liegt daran, dass an ihrer Entstehung mehr als nur einfache meteorologische Faktoren beteiligt sind. Für eine Dürre spielt einerseits mangelnder Regen eine Rolle, andererseits aber auch die Bodenbearbeitung und Vegetationsdecke, weil sie die Verdunstung beeinflussen. Auch sinkende Grundwasser- und Gewässerpegel durch zunehmende Wasserentnahmen beeinflussen die Austrocknung des Bodens.

Dennoch lässt sich zumindest für einige Regionen ein relativ sicherer Zusammenhang zwischen häufigeren und schwerwiegenderen Dürren und dem Klimawandel feststellen. Laut dem aktuellen Weltklimabericht trifft dies für den Mittelmeerraum, das südliche Afrika, Zentral- und Ostasien, Südaustralien und das westliche Nordamerika zu.

Waldbrand
Bei Waldbränden lässt sich das häufiger werdende „Feuerwetter“ dem Klimawandel zuschreiben, das Ausmaß des Brandes hängt aber von vielen weiteren Faktoren ab. © Byronsdad/ iStock

Komplexe Wechselwirkungen: Waldbrände

Noch komplizierter wird es bei Buschfeuern und Waldbränden. „In vielen Regionen werden Brände von einer Vielzahl von bioklimatischen und anthropogenen Faktoren kontrolliert“, erklären Matthew Jones von der University of East Anglia und seine Kollegen in einer aktuellen Studie. Ein wichtiger Faktor ist das sogenannte „Feuerwetter“: Trockenes, heißes und windiges Wetter macht die Vegetation anfällig für Feuer und begünstigt die Ausbreitung der Brände.

Wie Jones und sein Team ermittelten, hat sich die Saison für ein solches Feuerwetter von 1979 bis 2019 in vielen Regionen um 27 bis 94 Prozent verlängert, darunter im Mittelmeerraum, im südlichen Amazonasgebiet, in Alaska, dem Südosten Australiens und dem Westen der USA. Die Häufigkeit für extremes Feuerwetter hat dort ebenfalls zugenommen – teilweise um bis zu 164 Prozent. Allein schon dadurch waren die verheerenden Brände im Südsommer 2019/2022 in Australien um rund 30 Prozent wahrscheinlicher als ohne Klimawandel.

Allerdings ist das Feuerwetter nicht der einzige Faktor. Ob ein Feuer ausbricht und wie stark es sich ausbreitet, hängt auch von den mehreren vom Menschen beeinflussten Faktoren ab. So beeinflusst die Waldbewirtschaftung und Landnutzung, wie viel brennbares Material ein Feuer zur Verfügung hat und damit auch, wie weit es sich ausbreiten kann. Die weltweit verbrannten Flächen zeigen daher keine Korrelation zum Klimawandel.

Dennoch kommen Jones und sein Team zu dem Schluss, dass die globale Feuerhäufigkeit sehr wohl das Signal des Klimawandels zeigt. „Der Klimawandel übt durch seinen Einfluss auf das Feuerwetter einen allgegengewärtigen Aufwärtsdruck auf die Feueraktivität aus. Diese Triebkraft wird mit jedem Mehr an globaler Erwärmung zunehmen“, so das Fazit der Wissenschaftler.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Noch Zufall oder schon Klimawandel?
Wie die Attribution von Wetterextremen funktioniert

Signal und Rauschen
Was Wetterextreme prägt

Der Blick zurück
Meteorologische Zeitreihen und die Ereignis-Definition

Die Modellierung
Ist der Klimawandel schuld?

Auf das Extrem kommt es an
Warum Hitze einfacher zuzuschreiben ist als Feuer oder Dürre

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