Licht ins Dunkel bringen Genanalysen auch bei einer Frage, über die sich Wissenschaftler seit zwei Jahrhunderten streiten – auch wenn die Gene sie nicht völlig klären können: die Besiedlung der Inselwelt des Stillen Ozeans von Hawaii im Norden, den indonesischen Inseln im Westen, Neuseeland im Süden und den Osterinseln ganz im Osten. Obwohl es zahlreiche archäologische Überreste gibt, die zur Klärung der Geschichte beitragen, und linguistische Analysen zeigen, welchen Einflüssen die Sprachen der Bewohner Melanesiens, Mikronesiens und Polynesiens ausgesetzt waren, so ist bis heute nicht klar, wie die Menschen die letzten unbewohnten Eilande eroberten.
Archäologische Funde belegen, dass auf Neuguinea schon vor 30.000 Jahren erstmals Menschen lebten. Die zweite große Welle folgte wahrscheinlich vor 5.000 bis 6.000 Jahren – die austronesische Migration, die zugleich die letzte große Ausbreitungswelle der Menschheit war. Mit Booten, Hunden und Schweinen fuhren die Migranten auf den Wellen des Pazifiks von Insel zu Insel.
Eine der Hauptthesen besagt, dass die Migranten von Taiwan aufbrachen und vergleichsweise schnell entlang der indonesischen Inseln, an Neuguinea vorbei und dann hinaus in die pazifische Inselwelt zogen. Dass es zu einem intensiven Austausch zum Beispiel mit den ursprünglichen Bewohnern Neuguineas gekommen ist, dafür sahen die Vertreter dieser Express-Train-These bisher keine Belege. Dass die Bewohner des gewaltigen Inselreichs alle eng verwandte austronesische Sprachen sprechen, stützt die These der schnellen Verbreitung.
Die genetischen Daten weisen aber nur zum Teil darauf hin. Die Analyse der mtDNA unterstreicht die Express- Train-These. „Wir finden bei 95 bis 100 Prozent der Menschen asiatische mtDNA-Muster und auch die Variation ist sehr ähnlich“, sagt Mark Stoneking. Aber das Y-Chromosom, also die männliche Linie, erzählt eine etwas andere Geschichte. Denn auf dem Y-Chromosom finden sich auch Anteile der Ureinwohner der ersten Einwanderungswelle. Und was bedeutet das konkret? Zunächst einmal, dass es durchaus intensiveren Kontakt gegeben hat zwischen den alten und neuen Besiedlern. Der Treck nach Osten kam immer wieder ins Stocken.
„Die Spuren im Gen-Muster des Y Chromosoms sagen aber auch aus, das Männer und Frauen sich unterschiedlich verbreitet haben“, erklärt Sean Myles. Im Fall Neuguineas et wa scheinen die Eroberer gegen den Heimvorteil der Einheimischen keine Chance gehabt zu haben. Sie landeten an der Küste der Insel – und verloren ihre Frauen offensichtlich an die einheimischen Männer. „Nach einer glorreichen Eroberung sieht es zumindest auf Neuguinea nicht aus“, sagt Myles.
Stand: 16.02.2007