Nicht nur die Fabelwesen der Tiefsee haben in den letzten Jahrzehnten die Wissenschaftler interessiert, auch die Suche nach neuen Rohstoffvorkommen ist in Zeiten dramatisch sinkender Vorräte immer wichtiger geworden. In den 70er und 80er Jahren konnte man sogar einen regelrechten Wettlauf bei der Suche nach den „wahren Schätzen der Tiefsee“ – wie sie von einem Rohstoffexperten einmal genannt wurden – beobachten. Daran beteiligt waren Japan, Frankreich, die Sowjetunion und die USA. Mit gigantischem Technikaufwand und immer besseren Tauchbooten versuchte man den Rohstoffen auf die Spur zu kommen.
Geheimnisvolle Manganknollen
Manganknollen gehörten zu den ersten „Perlen der Tiefsee“, auf die es die Wissenschaftler abgesehen hatten. Schon während der britischen „Challenger-Reise“ 1872 bis 1876 und der deutsche Tiefsee-Expedition aus dem Jahre 1898/99 hievte man auf der Suche nach Tiefseelebewesen in den Netzen eher zufällig Manganknollen vom Ozeangrund mit nach oben. Diese kleinen Klumpen mit einem Durchmesser von maximal 10 Zentimeter hat man mittlerweile aber in vielen Ozeanen entdeckt. Durchschnittlich sind die Knollen mit einen Anteil von 20 Prozent Mangan bestückt, beigemengt sind aber auch größere Mengen an Kupfer, Nickel oder Kobalt und vielen anderen Elementen. Und gerade die letzteren sind für die Rohstoffexperten besonders interessant, findet man sie an Land doch relativ selten.
Wie aber sind die Manganknollen entstanden? Nun, die Forscher glauben das Rätsel gelöst zu haben. Nach ihrer Theorie lagern sich die im Wasser gelösten Mineralien mit der Zeit um einen wie auch immer gearteten Kern ab. Dieser Kern kann zum Beispiel ein winziger Felsbrocken, ein Knochenstück, aber auch eine achtlos ins Meer geworfene Bierdose sein. Ging man früher davon aus, dass Manganknollen viele Millionen Jahre zur Entstehung benötigen, lassen die entdeckten Bierdosenkerne auf eine viel kürzeren Bildungszeitraum schließen. Entscheidend für das Wachstumstempo scheint insbesondere der Mineraliengehalt des Wassers zu sein.
Riesige Manganknollenfelder mit mehreren Kilometern Ausdehnung sind so oder so ähnlich beispielsweise in 5000 Metern Tiefe vor der Küste Perus entstanden. Viel haben sich die Forscher einfallen lassen, um diese Vorkommen auszubeuten. Aber weder Schleppkörbe, die von Schiffen aus über den Meeresboden gezogen und dann nach oben gehievt werden, noch staubsaugerähnliche Roboter, die die Manganknollen einsammeln und dann über ein Rohrleitungssystem an Bord der Spezialschiffe pumpen, konnten kostendeckend arbeiten. Zu gering waren und sind (noch) die Weltmarktpreise, zu groß der technische und finanzielle Aufwand bei der Förderung. Von den ökologischen Problemen, die sich beim Schürfen durch die Zerstörung des Meeresbodens und weitreichende Schwebstoffwanderung ergeben ganz zu schweigen. Mit zunehmender Verknappung der Rohstoffvorkommen in den nächsten Jahrzehnten und damit steigendem Wert sowie neuen technischen Möglichkeiten können aber in fernerer Zukunft durchaus auch diese Projekte noch einmal interessant werden. Momentan ist der Manganknollenboom jedenfalls erst einmal wieder abgeebbt.
Jagd auf seltene Mineralien und Metallen
Aber nicht nur Manganknollen sind das Objekt der Begierde. Denn fast alle seltenen Elemente unseres Planeten lassen sich auch oder gerade in den Ozeanböden finden. Der „Goldrausch“ bei der Suche nach seltenen Mineralien und Metallen hat mittlerweile auch auf die Massivsulfide in den Bereichen der Black Smoker und die Erdgaslagerstätten in Form von Methanhydraten übergegriffen. Doch für die meisten der entdeckten Rohstoffvorkommen gilt das Gleiche wie bei den Manganknollen: Die technischen Möglichkeiten heutzutage sind längst noch nicht ausgereift genug, um den Unterwasserbergbau wirtschaftlich rentabel zu machen.
Einzige gravierende Ausnahme bisher: Die Offshore-Erdöl- und Erdgasvorkommen, die schon seit Jahren kommerziell genutzt werden. Mithilfe von sicher verankerten Ölplattformen können heutzutage schon Depots in mehr als 2000 Meter Tiefe erschlossen und ausgebeutet werden. Tendenz sinkend, könnte man sagen. Eine Ende des Tiefenrauschs in der Erdölindustrie ist jedenfalls nicht abzusehen. Experten halten schon gegenwärtig eine Förderung von Erdöl aus 3000 Meter Tiefe technisch für machbar. Alles nur eine Frage der Kosten.
Ein „Wildwuchs“ an Schürfvorhaben in der Tiefsee ist aber aus einem Grund nahezu ausgeschlossen. Die UN-Seerechts-Konvention, 1982 verabschiedet und 1994 in Kraft getreten, hat die Ozeane zum gemeinsamen Erbe der Menschheit erklärt. Für Bergbauprojekte (Schürfvorhaben) in der Tiefsee ist darin ein umfassendes Genehmigungsverfahren mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausdrücklich vorgeschrieben. Einer vollständigen Plünderung der Tiefsee wurde damit ein Riegel vorgeschoben.
Stand: 20.01.2004