In den Seismogrammen vulkanischer Beben ist die von „normalen“, tektonischen Erdbeben bekannte, klare Abfolge verschiedener Wellentypen nicht vorhanden. Zu den bekanntesten seismischen Phänomenen an Vulkanen zählen gleichmäßige, fast monochromatische, lang anhaltende Vibrationen, die auch als „Tremor“ bezeichnet werden. Die Herkunft der Tremorsignale wird zur Zeit noch kontrovers diskutiert; als wahrscheinlichste Ursache gelten Schwingungen der Magmasäule in den Gängen und Schloten des Vulkans, ähnlich den Geräuschen in den Rohren einer Heizungsanlage.
Gefährliche Beben
Ein anderer Typus sind Beben mit sehr komplexen Seismogrammen, hervorgerufen durch vielfache Streuung und Reflexion der Erdbebenwellen. Beide Bebenvarianten sind mit herkömmlichen Mitteln nicht zu orten. Mit Hilfe einer aufwendigen Arraytechnik, bestehend aus einer Breitbandstation und mehreren kurzperiodischen Seismometern, konnte nun verifiziert werden, dass es sich beim letztgenannten Typ um sehr flache Beben direkt unter dem Gipfel des Merapi handelt. Sie dürften in engem Zusammenhang mit dem Wachstum des Lavadoms stehen; möglicherweise werden sie durch das Reißen der spröden Außenhaut des Doms hervorgerufen.

Der prinzipielle Zusammenhang zwischen internen Entgasungsprozessen im Verlauf von Magmenbewegungen und dem Gasausstoß am Gipfel des Vulkans ist unmittelbar einsichtig. Die vorhandene Datenbasis war bisher jedoch zu lückenhaft, um diese Vorgänge im Einzelnen zu beleuchten. Bis jetzt wurden Gasproben im Schnitt alle vier Wochen manuell genommen – ein mühsames und gefährliches Geschäft, da die Fumarolenfelder des Merapi ausschließlich am Gipfel zu finden sind und einen Aufstieg von 1.400 Höhenmetern erforderlich machen.
Schwankender Druck
1998 konnten Zusammensetzung und Temperatur fumarolischer Gase zum ersten Mal kontinuierlich vor Ort bestimmt werden. Grundlage für diese Weltneuheit ist ein den rauhen Bedingungen angepasster Gaschromatograph. Die bisher vorliegenden ununterbrochenen Zeitreihen dokumentieren einen Anstieg der Konzentrationen von Kohlenstoff- und Schwefeldioxyd während einer Phase zunehmender Bebenaktivität. Am Ende dieser Episode stand eine steigende Anzahl von (kalten) Geröllawinen, die eine zunehmende Instabilität des Lavadoms anzeigen. Als vorläufiges Erklärungsmodell für diese Beobachtungen wird ein Druckanstieg im Innern des Vulkans angenommen, der einen Wachstumsschub des Doms einleitete.