Das kleinstmögliche chemische System, das sich selbst replizieren kann, besteht aus zwei Bausteinen A und B, die zur molekularen Erkennung (rot/grün) fähig sind. Sie binden an ein Templat C. Diese Reaktion findet ohne Hilfsmittel statt, es handelt sich also um eine templatgesteuerte Autokatalyse. Es entsteht ein termolekularer, das heißt aus drei Molekülen bestehender Komplex ABC. Darin sind die reaktionsbeteiligten Enden der Bausteine A und B unmittelbar benachbart: Sie können sich leicht zu einem identischen "Zwilling" von C verknüpfen – das Templat C ist kopiert.
Original und Kopie sind aber noch aneinander gebunden, und dieser Komplex aus nur noch zwei Komponenten ist stabiler als der dreiteilige Komplex ABC, was neue Reaktionsabläufe erschwert. Man spricht daher von Produkthemmung (Inhibition).
Aus einer solchen Selbstreplikation resultiert ein so genanntes parabolisches Wachstum. Es verläuft weniger explosiv als exponentielles, aber "explosiver" als lineares Wachstum. Parabolische Vermehrung ist typisch für chemische Replikationssysteme. Nach einer ersten Demonstration an einem Templat aus sechs Bausteinen wurde dies auch bei Peptiden und kleinen synthetischen Replikatoren beobachtet. Es tritt auch bei wesentlich komplexeren Reaktionsnetzwerken auf, in denen viele Template gleichzeitig um die freien Bausteine konkurrieren und kooperieren.
Eine Evolution im Darwinschen Sinne kann jedoch nur bei exponentiellem Wachstum stattfinden, weil nur dabei schwächere Systeme ganz aussterben, bei parabolischem Wachstum gibt es eine Koexistenz von starken und schwächeren Systemen. Theoretische Untersuchungen sagen aber voraus, dass unter bestimmten Bedingungen auch parabolische Replikatoren zur Evolution fähig sind: Wenn zum Beispiel das Templat an eine Oberfläche etwa eines Steins gebunden ist, von der die fertigen Produkte abgewaschen werden, so dass das Templat wieder frei ist (Chromatographieprozess), könnte das die Produktinhibition aufheben.
Stand: 02.06.2006