In den meisten Organismen, von Einzellern bis zu höheren Tieren, folgt der Stoffwechsel einer inneren Uhr: Aktivität und Ruhephasen wechseln sich ab und sind fein aufeinander abgestimmt. Der Mensch folgt dabei einem sogenannten circadianen Rhythmus von ungefähr 24 Stunden.
Triebfedern der Inneren Uhr
Gesteuert wird diese innere Uhr durch zwei unterschiedliche Mechanismen. Das eigentliche „Uhrwerk“ hat molekularbiologische Grundlagen und basiert auf zahlreichen verschiedenen Genen. Die Aktivität dieser Gene hängt wird jedoch durch äußere Faktoren reguliert – vor allem Tageslicht wirkt als Taktgeber. Die innere Uhr folgt also ursprünglich dem Wechsel von Tag und Nacht.
Der Wechsel von Licht und Dunkel teilt den gesamten Stoffwechsel in Wach- und Ruhephasen. Geraten diese durcheinander, macht sich das bald bemerkbar. So wird unter anderem der Energiehaushalt dadurch reguliert – und das spielt eine wichtige Rolle dafür, ob Kalorien verbrannt oder als unliebsame Fettpolster abgelagert werden. Schon ein kurzer Spaziergang im Morgenlicht stabilisiert die innere Uhr und wirkt geradezu wie ein Schlankheitsmittel, fanden Forscher um Phyllis Zee von der Northwestern University in Evanston heraus. „Wenn wir morgens nicht genügend Licht bekommen, desynchronisiert sich unsere innere Uhr – und das verändert den Stoffwechsel und kann zur Gewichtszunahmen führen, wie man weiß“, erklärt Zee.
Jetlag durch Lichtverschmutzung?
Die Folgen einer durchgearbeiteten oder durchgefeierten Nacht sind sogar sofort körperlich spürbar – selbst nachdem der verlorene oder aufgeschobene Schlaf nachgeholt ist, geht die innere Uhr falsch. Stark ausgeprägt ist der Effekt bei Reisen in andere Zeitzonen: Beim „Jetlag“ passt die innerlich gefühlte Tageszeit nicht zum tatsächlich erlebten Licht. Es dauert eine Weile, bis die innere Uhr sich angepasst hat. Wird Jetlag durch häufiges Reisen oder ungesunden Lebensstil zum Dauerzustand, drohen Folgen wie Übergewicht oder Depressionen.
Durch Lichtverschmutzung kann ein ähnlicher Effekt auftreten wie beim Jetlag, wenngleich viel subtiler, befürchten Wissenschaftler. Licht beeinflusst nämlich die Produktion des von der Zirbeldrüse im Gehirn ausgeschütteten „Schlafhormons“ Melatonin. Im Dunkeln wird mehr davon gebildet, bei Licht weniger – aus diesem Grund fühlt man sich bei eingeschaltetem Licht weniger müde und schläft schlechter.
Ansgar Kretschmer
Stand: 12.12.2014