Langsam rollt der weiße Sattelschlepper rückwärts in einen schmalen Weg. Eine dicke Schneedecke liegt auf dem Gelände, Eisplatten machen das Rangieren mit dem rund 18 Meter langen Fahrzeug zum Balanceakt. Doch der Fahrer lenkt den imposanten Wagen sicher über das Areal rund fünf Kilometer südöstlich von Münster, wo die Bundeswehr bis zum Jahr 2000 ein Sanitätsdepot betrieben hat. „Etwas weiter nach rechts“, ruft Daniel Schmitt dem Fahrer vom Wegrand aus zu. Kurz darauf bringt Schmitt den 40-Tonner mit einem lauten „Stopp!“ zum Halten- direkt vor einem mächtigen eisernen Tor.
Ein Bunker der besonderen Art
Es ist der Eingang zu einem Bunker, der nun als Aufbewahrungsort für einen ganz besonderen Schatz dient: eine Vielzahl menschlicher Proben von Blut und Urin, in denen sich widerspiegelt, wie sich die Belastung mit Umweltschadstoffen in Deutschland in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Es ist das Lager der Humanproben der „Umweltprobenbank des Bundes“. Daniel Schmitt ist Leiter der Abteilung Labortechnologien am Fraunhofer- Institut für Biomedizinische Technik IBMT in Sankt Ingbert und Sulzbach im Saarland. Gemeinsam mit Institutsleiter Heiko Zimmermann verfolgt er seit einigen Jahren ein ehrgeiziges Ziel:
Die beiden wollen die Technologien, mit deren Hilfe heute weltweit in Labors gearbeitet wird, verbessern, vereinfachen und automatisieren – und die Basis für das „Labor der Zukunft“ schaffen. Es soll Biologen, Chemikern und Medizinern neue Möglichkeiten erschließen, die Grundlagen des Lebens zu erforschen, Ursachen von Krankheiten aufzuspüren und neue Medikamente dagegen zu entwickeln. Gefördert wird die anspruchsvolle Initiative, an der sich neben der Fraunhofer- Gesellschaft auch etliche Industrieunternehmen beteiligen, von der saarländischen Landesregierung.
Sicherheit selbst im Seuchenfall
Auch der Truck, der nun vor dem Bunker in Westfalen steht, ist aus diesem Projekt hervorgegangen. Er wirkt von außen wie ein gewöhnlicher Transporter. Nur der Schriftzug „Labor der Zukunft“ auf den Seitenwänden lässt erahnen, dass sich dahinter mehr verbirgt: Der Lkw beherbergt ein komplett ausgestattetes biologisch-medizinisches Labor, das über ein topmodernes technisches Equipment verfügt und für den Umgang mit potenziell infektiösen Proben zugelassen ist. Die technische Einrichtung des Labors bietet, falls nötig, sogar ein noch höheres Maß an Sicherheit für den Umgang mit biologischen Substanzen.
„Dafür sorgen unter anderem eine dichte Laborhülle mit gesicherten Personal• und Materialschleusen sowie ein Ieichter Unterdruck, um gefährliche Stoffe im Inneren des Labortrakts zu halten“, sagt Schmitt. Damit ließe sich der Wagen etwa als mobiler Untersuchungs- und Behandlungsraum nutzen, wenn irgendwo in Deutschland eine ansteckende Krankheit ausbrechen und sich verbreiten würde. „Unser Fahrzeug ist das weltweit einzige mobile und rasch einsetzbare Labor, das diese Möglichkeit bietet“, betont der Fraunhofer-Forscher.
Ralf Butscher (Text)/ Bernd Müller (Fotos)
Stand: 31.05.2013