In Großbritannien entwickelt sich der Muntjak inzwischen zur häufigsten Hirschart. Mit Rothirsch und Reh ist zwar eine Koexistenz möglich. In Südostengland wurde allerdings bei anderen Untersuchungen festgestellt, dass mit der verstärkten Präsenz von Muntjaks die Zahl, das durchschnittliches Gewicht und die Fruchtbarkeit von Rehen deutlich zurückgingen.
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Weniger wählerisch als Rehe
Einer der Gründe könnte in einem Konkurrenzvorteil der Zwerghirsche liegen: Ein von invasiven Arten ausgehendes Risiko ist, dass diese ökologische Nischen besetzen, die von verwandten Arten bislang gemieden wurden. Beim Muntjak ist dies der Fall: Die kleinen Hirsche eroberten in Großbritannien auch vom Menschen stark veränderte Lebensräume.
Nicht nur Wald, auch Parks und Gärten sind ihnen als Lebensraum recht. Das verleiht den Muntjaks einen Vorteil gegenüber den scheueren Rehen und heimischen Hirschen. Bei der Bevölkerung sei das Problem kaum bekannt, sagt der Biologe Jim Provan von der Queen’s University Belfast. Die Forschung stehe am Anfang.
Kaum natürliche Feinde
„Unbekannt“ antwortet der Evolutionsgenetiker auch auf die Frage nach natürlichen Feinden des Muntjaks in Großbritannien. Angenommen wird, dass sich Füchse zuweilen an den Kitzen vergreifen. In ihrer Ursprungsheimat Asien haben die verschiedenen Muntjakarten in Tiger, Rothund, Krokodil und Python wesentlich beeindruckendere Feinde.
Ob die Art sich in Schottland behaupten werde, sei schwer zu sagen, sagt Provan, „es gibt aber einige Nachweise.“ Das Auftauchen der Zwerghirsche in Irlands freier Wildbahn führt er zumindest teilweise auf Tiere zurück, die aus Parks oder privaten Haltungen ausgebrochen seien. Illegale Auswilderungen könnten mitverantwortlich sein. „Die Leute scheuen sich darüber zu reden“, berichtet er – „mit Blick auf die rechtlichen Folgen“.
Kai Althoetmar
Stand: 08.07.2016