Schon kommt der Fernsehturm in Sicht, lange kann es nicht mehr dauern. Unten auf der Bundesstraße 433 währenddessen: Unfall, Stau, Bildung einer Rettungsgasse für Einsatzfahrzeuge. Wenig später wechseln die sechs schwenkbaren Rotoren des Lufttaxis in den Landemodus, der vertikale Abstieg über der Binnenalster wird autonom eingeleitet.
Zwei Herausforderungen
Das Lufttaxi der Zukunft sollte sicher, zuverlässig und weitestgehend autonom sein – so das Ziel. Wie es gelingen kann, solche Vehikel sicher aus der Ferne zu betreiben und zu überwachen und wie die Zertifizierung für diese Fluggeräte ablaufen müsste, haben die Forschenden im Projekt HorizonUAM ebenfalls untersucht.
Es zeigte sich schnell, dass bei Lufttaxis zwei große Herausforderungen der bemannten und unbemannten Luftfahrt zusammenkommen: der Wunsch nach vergleichbarer Autonomie wie in der unbemannten Luftfahrt und nach gleich hohen Sicherheitsstandards wie in der bemannten Luftfahrt. „Die Zertifizierbarkeit von Lufttaxi-Komponenten, wie zum Beispiel des Batteriesystems, konnten wir erfolgreich nachweisen. Für die deutlich komplexere Zertifizierung von Autonomiefunktionen haben wir Teillösungen erarbeitet, hier besteht aber weiterhin Forschungsbedarf“, erläutert Projektleiterin Bianca Schuchardt.
1:4-Stadtmodell als Testfeld
Zukünftig sollen Flüge von Drohnen und Lufttaxis außerhalb der Kontrollzone von Flughäfen über das System „U-space“ ohne Beteiligung von Lotsinnen oder Lotsen koordiniert werden. Damit der Betrieb über dicht besiedeltem Gebiet dennoch sicher ist, müssen Flugtaxis untereinander zuverlässig und in Echtzeit kommunizieren, um nicht zu kollidieren. Das DLR-Team entwickelte dafür ein Ad-hoc-Kommunikationssystem, das auf die speziellen Anforderungen des städtischen Luftverkehrs zugeschnitten ist.
Zur Erprobung haben die Wissenschaftler eine experimentelle Plattform aufgebaut, die im Praxistest von zwei Hexakoptern angeflogen wurde. Auch dafür diente Hamburg als Beispielszenario. Die Multikopter repräsentierten dabei Lufttaxis, die sich zwischen Hamburger Flughafen und Vertidrom an der Binnenalster bewegten und dabei eine Häuserschlucht im Maßstab 1:4 überflogen. In der Simulation waren die Flugtaxis bereits autonom unterwegs. Die Kollisionsvermeidung und die gesicherte Übertragung von bodengebundenen Navigationsdaten wurden dabei erfolgreich demonstriert.
Erst mit Piloten, dann ohne
In der Realität werden die ersten Flugtaxis jedoch noch von Pilotinnen oder Piloten an Bord gesteuert. Autonome Funktionen können dann auf längere Sicht mehr und mehr ihrer Aufgaben übernehmen. Im Projekt HorizonUAM haben die DLR-Forschungstreams bereits eine bordseitige Autonomiefunktion entwickelt und getestet. Sie basiert auf künstlicher Intelligenz beziehungsweise auf Machine Learning.
Das Programm hat mithilfe tausender Trainingsbilder gelernt, Menschen aus verschiedenen Höhen und Perspektiven zu erkennen. Dies ist wichtig, damit das Flugtaxi im Gefahrenfall ausweichen oder die Landung verzögern kann. Außerdem entwickelten die Forschenden eine Software, die überwacht, ob der Bordcomputer die richtigen Entscheidungen trifft.