„Der Schauplatz erinnert auf gespenstische Art und Weise an die Bergbau-Katastrophe von Baia Mare im Jahr 2000“: Dies sagte Gábor Figeczky, Stellvertretender Geschäftsführer des WWF Ungarn, nach dem Besuch der von einer „roten Flut“ verwüsteten Stadt Kolontár. Nichts gelernt also aus früheren Chemieunfällen? Offensichtlich, denn die Parallelen zwischen Baia Mare und Kolontár sind in der Tat mehr als verblüffend – sowohl was den Ablauf als auch die Folgen betrifft.
Dammbruch als Ausgangspunkt
Denn auch in Westungarn war ein Dammbruch Ausgangspunkt für die Katastrophe. Nur floss dieses Mal keine Zyanidlauge aus dem beschädigten Becken der Aluminiumhütte in der Stadt Ajka, sondern Rotschlamm. Dabei handelt es sich um ein Abfallprodukt aus der Aluminiumherstellung, das unter anderem aus Kieselsäureverbindungen und Eisen- sowie Titanoxiden besteht und meist noch stark mit Schwermetallen belastet ist.

Rund eine Million Kubikmeter dieses Giftschlamms überschwemmten am 4. Oktober 2010 in kürzester Zeit und ohne Vorwarnung die umliegenden Orte und richteten dort schwere Schäden an. Betroffen von der Flut waren neben Kolontár unter anderem auch Devecser und Somlóvásárhely. Schließlich war eine Fläche von rund 1.000 Hektar Land mit dem Rotschlamm kontaminiert – vollgelaufene Keller, verschmierte Häuserwände, Pflanzen mit roten Überzug und unzählige Giftpfützen inklusive. Auch zahlreiche Tiere hatten unter dem Dammbruch zu leiden. „Die rot gefärbten Tiere haben opal-artige Augen. Sie werden in Schubkarren transportiert, weil sie sich aufgrund ihrer Verletzungen nicht mehr selbst fortbewegen können“, so Figeczky.
Ernüchternde Bilanz
Noch viel schlimmer als die ökologische, war die humanitäre Katstrophe: Zehn Tote – fast alle Opfer erstickten in den Schlammmassen oder erlagen ihren schweren Verätzungen -, mehr als 150 Verletzte und über 300 unbewohnbare Häuser. Zeitweilig mussten ganze Ortschaften evakuiert werden, auch weil ein zweiter Dammbruch drohte.