Wer hat im Ökosystem Mensch eigentlich das Sagen? Natürlich der Mensch – oder doch nicht? Glaubt man neuesten Forschungsergebnissen, könnte diese Antwort in einigen Bereichen durchaus falsch sein. Denn, so hat Jeffrey Gordon von der Washington University entdeckt, die mikrobiellen Untermieter helfen uns nicht nur bei der Verdauung, sie greifen sogar steuernd in unsere Entwicklung ein.
In Versuchen mit Mäusen stellte der Molekularbiologe zu seiner großen Überraschung fest, dass bei den Tieren, die völlig steril ohne Darmbakterien aufwuchsen, die feinen Versorgungsäderchen des Darms schon kurz nach der Geburt aufhörten zu wachsen und sich zu verzweigen. Bei Mäusen mit normaler Darmflora dagegen entwickelte sich das Adernetz völlig normal.
Ein bloßer Zufall oder sollte es wirklich möglich sein, dass primitive Einzeller die Entwicklung des Darms beeinflussen? Gordon ging der Sache auf den Grund. In weiteren Versuchen verabreichte er den zunächst sterilen Mäusen nachträglich noch eine geballte Ladung Darmbakterien – und siehe da, zehn Tage später begannen die Adern tatsächlich zu wachsen.
Um herauszufinden, welche Bakterienart dafür verantwortlich war, testete der Forscher nacheinander verschiedene Kulturen durch und wurde schließlich fündig: Ein Bakterium mit dem fast unaussprechlichen Namen Bacteroides thetaiotaomicron ist offenbar der Täter. Interessanterweise gehört diese Art auch beim Menschen zur normalen Darmflora – es ist daher nicht ausgeschlossen, dass es auch bei uns entscheidende Schritte der Darmentwicklung mitbestimmt.